Sonntag, 15. Juni 2008

Kapitel 10: die Mutter entscheidet

Als die Mutter von der Magd den Zettel erhielt, verstand sie zunächst gar nichts. Da sie von der Kreativität ihrer jüngsten Tochter überzeugt war, dachte sie zuerst, dass Auguste sich wohl eine Art Geheimsprache ausgedacht habe. Nach genauerem Hinschauen auf Anraten der Magd, merkte sie allerdings, dass die Nachricht nicht in Augustes Schrift geschrieben war. Sie wusste nicht gleich, was sie damit anfangen sollte und bedeutete der Magd, dass diese zurück zur Arbeit gehen könne und sie sich persönlich um die Angelegenheit kümmern werde. Sie schien ihr allerdings nicht prioritär und so kehrte sie, nach dem die Magd sie verlassen hatte, zu ihrere vorherigen Beschäftigung zurück.

Unterdessen war Auguste wieder die Botschaft von Olaf in den Sinn gekommen und sie wollte sie Opa zeigen. Doch erschreckt stellte sie fest, dass sich der Zettel nicht mehr in ihrer Jacke befand. bestürzt eilte sie zu Opa. "Opa! Opa!" schrie sie, während sie durch das ganze Haus rannte. Nach bangen fünf Minuten fand sie ihn in seinem Zimmer. Verwundert schaute er auf. "Nanu? Was ist den mit dir los?" fragte er völlig überrascht. Auguste verschwendete keine Sekunde und erzählte ihm sofort von der Begegnung mit Olaf und der geheimen Botschaft. Opa runzelte die Stirn und erkundigte sich, ob Auguste sich noch in etwa erinnern könnne, was auf dem Zettel stand. Niedergeschlagen schüttelte sie den Kopf. Sie hatte den Zettel einfach eingesteckt, und wollte ihn später genauer anschauen. Der Opa bedauerte diesen Zwischenfall, er schien ihm aber nicht weiter wichtig. Denn nun wechselte er das Thema. Er war am Vormittag in der Stadt gewesen und hatte zwei Fahrkarten bis nach Berlin gekauft. Unterkünfte hatte er leider nicht buchen können, aber er sei zuversichtlich, dass sich unterwegs etwas finden liesse. Auguste vergass den Kummer über den Zettel und strahlte bis über beide Ohren. Was für eine freudige Nachricht! Nun würde ihrer Reise nach Berlin wohl nichts mehr im Weg stehen! Fast euphorisch rannte sie die Treppe hinunter, um mit der Mutter die Reisevorbereitungen zu besprechen. Denn die Mutter musste ihr bei der Auswahl der geeigneten Kleider für einen Grossstadtbesuch helfen. Um ehrlich zu sein, eigentlich hatte sie gar keine Stadttauglichen Kleider. Aber mit Hilfe der Nähmaschine liessen sich wohl einige gute Kleider der älteren Schwestern zurecht machen und sie hätte ihre erste Garderobe! Auch diese Tatsache versetzte Auguste in grosse Freude. Bisweilen hatte sie sich mit einem Sonntagskleid begnügen müssen. Jetzt würde sie plötzlich mehrere haben, um sich schön zu machen. Ob sie Opa so herausgeputz gefallen würde?

Als sie aufgeregt in das Zimmer der Mutter stürmte, merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Mutter sass mit ernster Miene am Tisch und nähte an einem alten Sonntagskleid von Otthilie. Als ihre jüngste Tochter das Zimmer betrat, drehte sie sich um und schaute sie misstrauisch an. Nach einer kurzen Weile, die Auguste wie eine Ewigkeit schien, fragte sie: "Möchtest du mir etwas erzählen Augustchen?" Auguste war etwas verwundert, denn sie wollte der Mutter jede Menge erzählen. Allerdings schien die Mutter etwas ganz bestimmtes zu erwarten. Was sie der Mutter wohl erzählen sollte? Vorsichtshalber antwortete sie einmal mit Nein, was ein heftiges Räuspern der Mutter zur Folge hatte. "Und was bittte schön ist das hier?!" fragte die Mutter und hielt ihr Olafs Zettel vor die Nase.

Auguste wurde nervös. Was sollte sie darauf antworten? Sie konnte unmöglich die Antwort sagen, oder wäre es wohl doch die beste Lösung? Fieberhaft überlegte sie. Der Mutter dauerte es zu lange. "Aha, ich sehe, du antwortest nicht. Also hatte die Magd doch recht damit, dass du unrechte Dinge treibst! Aber das lasse ich nicht zu. Wir sind ein anständiges Haus und unsere Töchter haben sich anständig zu benehmen. Unter diesen Umständen ist es wohl nicht ratsam, dich mit Opa nach Berlin fahren zu lassen." Und nun brach alles aus Auguste heraus. Sie hatte sich so gefreut und diese Strafe traf sie wie ein Siegestor der Gegenmanschaft 3 Sekunden vor dem Schlusspfiff. Auguste liess sich gehen und heulte herzzereissend. Durch das laute Geschluchze angelockt, streckte Opa seinen Kopf durch die Tür und erkundigte sich, was denn los sei.

Die Mutter zeigte ihm den Zettel und meine, dass Auguste ihr nicht sagen wolle, was das sei und sie deshalb beschlossen habe, dass Auguste nicht nach Berlin fahren sollte. Opa wusste sofort, um was für einen Zettel es sich handelte. Er war froh, dass Auguste nichts gesagt hatte. Aber nun musste er die Reise für Auguste irgendwie retten. Sein erstes Argument war, dass er die Tickets bereits gekauft hatte. Dies schien die Mutter nicht zu beeindrucken. Sie meinte sogar, dass er stattdessen eine Magd als Begleitung mitnehmen könne. Doch dagegen wehrte sich der Opa standhaft. Nach einer langen Diskussion willigte die Mutter endlich ein, dass Auguste doch mitgehen dürfe, wenn sie als Strafe für ihre unanständigen Spielereien ihre ganze Garderobe selbst zusammestellte und nähte. Damit waren alle drei zufrieden und Auguste begann noch vor dem Abendessen mit dem Nähen.

1 Kommentar:

Juha V. Mentu hat gesagt…

Alles geht doch gut weiter!

Grusse,
Juha