Sonntag, 20. Juli 2008

Kapitel 14: Maria Lüders

Wie sich herausstellte, sollte sie die Kutsche, welche sie wenig später abholte zu Maria Elisabeth Lüders bringen. Die Junge Dame, welche Anfang ihres dritten Jahrzehntes stand, hatte soeben als erste deutsche Frau an der Universität in Berlin promoviert. All dies erzählte der Kutscher Opa und Auguste, damit sich diese gebührend verhalten konnten. Auguste imponierte es wahnsinnig, dass sie zu so einer gebildeten Frau unterwegs waren und auch der Opa hatte etwas Ehrfurcht. Er selbst hatte nicht einmal das Gymnasium besucht, nur die Landwirtschaftliche Fachschule. Er hatte keine Ahnung, wie er sich einer ihm so überlegenen Frau gegenüber verhalten sollte. Zuhause war er gegenüber des weiblichen Geschlechts in Bezug auf die Bildung meilenweit voraus. Doch dieser jungen Dame, die nichteinmal halb so alt war wie er, konnte er bezüglich Bildung das Wasser nicht reichen. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Kutsche näherte sich bedrohlich ihrme Ziel. An Flucht war nicht zu denken. Und was würde auch Auguste denken, wenn ihr Opa, den sie so verehrte, plötzlich Angst vor einer Frau zu haben schien?! Nein, er durfte sich nichts anmerken lassen, denn offensichtlich freute sich Auguste diese Frau zu treffen.

Maria Lüders wartete bereits im Hauseingang, als die Kutsche vor dem Haus vorfuhr. Freudig winkte Auguste und kaum hatte die Kutsche angehalten, da war sie auch schon die Treppen bis zum Eingang heraufgehüpft. Was für ein herrschaftliches Haus und was für eine vornehme Dame. Auguste freute sich, dass es ihr gegönnt war, ein solches Haus von innen zu sehen. Der Opa kam etwas langsamer, schwerfällig die Treppen herauf. Aber als auch er freudig von Frau Lüders begrüsst wurde, schienen ihm fünf Tonnen Steine vom Herzen zu fallen und mit wesentlich leichterem Schritt folgte er den zwei Frauen ins Haus. Auch er staunte nicht schlecht über die Einrichtung, die er hier vorfand. Und an den Wänden hingen Bilder von offensichtlich wichtigen Persönlichkeiten. Aber zum Staunen blieb nicht lange Zeit, denn sie wurden sofort in den Salon geführt. Die Gastgeberin meinte entschuldigend, dass sie hungrig sei und sie deshalb sofort das Essen servieren lassen wolle. Dagegen hatten auch Auguste und Opa nichts, denn seit dem Mittagessen hatten beide nichts mehr zu sich genommen.

Während sie nun das köstliche Mahl zu sich nahmen, unterhielten sie sich angeregt mit Maria, mit welcher sie mitlerweile Duzies gemacht hatten. Maria hatte viel von ihrem Leben erzählt und auch Auguste und Opa hatten einiges berichtet. Maria hatte Auguste ermuntert, sich in der Schule ordentlich anzustrengen, damit sie später einmal das Gymnasium besuchen könne und vielleicht sogar studieren könne. Auguste hatte diesen Vorschlag begeistert aufgenommen, denn nachdem was sie alles von Maria über das Studieren gehört hatte, schien es ihr äusserst spannend zu sein. Nach dem sie so eine Weile geplaudert hatten, fragte Maria endlich, was sie eigentlich schon von Anfang an interessiert hatte, nämlich was zwei Landmenschen in Berlin wollten. Auguste schaute den Opa fragend an. Sie wusste nicht, ob sie ihr wahres Vorhaben hier preisgeben durfte, doch der Opa nickte, denn er sah hier eine Chance. Diese Frau hatte gerade promoviert. Da sie die erste Frau war, mussten sie wohl fast alle an der Universität kennen. Wenn sie ihnen helfen würde, hätten sie vielleicht eine Chance einen der berühmten Professoren um Hilfe zu fragen. Auguste überlegte nicht so weit, doch aufgemuntert durch Opa, begann sie nun ihre Geschichte zu erzählen. Sie erzählte allerdings nicht die ganze Geschichte. Sie liess weg, dass es sich bei der Person, welche die fremden Sprachen sprach um einen Troll handle und nicht um einen Menschen. Stattdessen sagte sie, dass ein Reisender bei ihnen vorbeigekommen sei und sich im Wald niedergelassen hatte. Da er in ihrer Nähe wohnte, wollten sie sich jetzt mit ihm verständigen. Auguste schien diese Version passender, als Maria zu erzählen, dass sie einen Troll getroffen habe. Denn dann, so schien es ihr, würde die Wissenschaftlerin wohl an Augustes Glaubwürdigkeit zweifeln. In der Welt der Wissenschaft gab es nämlich keine Trolle und unsichtbare Wesen. Sogar Auguste wusste, dass diese Wesen als Mythologien und Unwahrheiten verschrien waren und dass nur Kinder, Dumme und solche, die nicht ganz bei Verstand waren an sie glauben durften. Auguste wollte aber keinesfall als unreifes Kind erscheinen, welches man noch nicht ernst nimmt.

Und der Plan funktionierte. Maria glaubte die Geschichte, obwohl sie sich wunderte, dass ein einzelner Reisender plötzlich in einem Wäldchen von Masuren hausen sollte. Aber sie hatte ja keinen Grund an der Aussage von Auguste zu zweifeln, denn warum sollten die zwei von ihrem kleinen Dorf einen so weiten Weg auf sich nehmen, wenn sie nicht wirklich ein wichtiges Vorhaben hätten. So fragte Maria, ob sie nicht die Zettel sehen könne, welche sie mitgebracht hätten. Opa breitete die Beute vor ihr aus. Maria staunte. "Mh..., sehr interessant", meinte sie, "aber leider kann ich euch nicht weiterhelfen. Ich bin keine Sprachwissenschaftlerin. Aber vielleicht lässt sich ja an der Universität jemand auftreiben, der euch helfen kann." Auguste fragte erfreut, ob sie denn morgen mit an die Universität kommen könnten und dort mit wichtigen Professoren sprechen könnten. Doch ganz so einfach war dies nicht. Maria meinte, dass sie zuerst jemanden finden müsse, der bereit wäre, sie zu empfangen. Die Gelehrten pflegten normalerweise keinen umgang mit ungebildeten Landmenschen. "Aber ich schreibe mir gerne ab, was ihr auf den Zetteln habt und lege das einigen Herren vor. Ihr könnt euch morgen einen schönen Tag machen und Berlin anschauen und am Abend werde ich mich wieder bei euch melden."

Augustes konnte ihre Enttäuschung nur schwer verbergen und so bemerkte auch Maria, dass Auguste diesen Vorschlag überhaupt nicht lustig fand. So versprach sie noch, dass sie dann übermorgen zur Universität gehen könnten. Aber Augustes Laune war dadurch nicht zu verbessern. Da der Abend schon vortgeschritten war, beschloss Opa, dass es nun langsam Zeit sei aufzubrechen. Sofort liess Maria ihnen die Kutsche herrichten und versprach noch einmal hoch und heilig, dass dies am nächsten Abend bei ihnen vorbeischauen wolle und ihnen berichten würde, wie die Dinge standen.

1 Kommentar:

Juha V. Mentu hat gesagt…

Ich glaube, dass die zwei Frauen (doch eine von ihnen junger, die andere älter) einander verstehen! Ich werde folgen...8.8.2008 werde ich die bilder in die Vorstellung an der Wand hängen. Auch die Kirche von Petäjävesi. Ich werde auch diese Bilder in meinem Blog zeigen.

Habe so Gut! Gruesse, Juha