Doch Maria hatte sich getäuscht. Auch für sie war es nicht so einfach, bei den Professoren ein wenig Zeit zu bekommen. Sie hatte zwar promoviert und war somit in den Kreis der Gelehrten aufgenommen worden, hatte jedoch mit Sprachwissenschaft nichts am Hut, weshalb man sie dort nicht richtig kannte. Man hatte zwar schon von dieser bemerkenswerten Dame gehört, welche so gelehrt zu sein schien, doch hatte sie ihren Titel wirklich wegen ihres Geistes oder doch wegen ihrer Schönheit erworben?
Doch mit etwas hartnäckigkeit gelang es Maria, zu Herrn Otto Dempwollf vorzustossen. Dieser empfing sie überraschend freundlich. Nachdem er die Sätze auf ihrem Papier eingehend untersucht hatte, zuckte er mit den Schultern und meinte entschuldigend, dass es sich weder um Austronesische noch Afrikanische Sprachen handle. Dies schien ihm mehr in Richtung indogermanisch zu gehen, wobei es sich aber um zwei verschiedene Sprachen handeln müsse. Aber obwohl er ihr nicht weiterhelfen konnte, nannte er ihr drei Namen von Professoren, die ihr vielleicht weiterhelfen konnten. Alle drei seien allerdings nicht in Berlin anzutreffen. Zum einen verstehe sich Vilhelm Ludwig Thomsen aus Kopenhagen auf indogermanische Sprachen, zum anderen könne er aber auch Otto Schrader aus Breslau und Eduart Schwyzer aus Zürich empfehlen. Er anerbot sich sogar, allen drei Herren ein Telegram zukommen zu lassen, mit je einem Satz aus einer der zwei Sprachen. Zusammen gingen sie zum Postamt um die Telegramme aufzugeben. Maria bezahlte dafür, denn schliesslich gab sich der Professor ja ihretwegen die Mühe. Nach getaner Arbeit verabschiedete sie sich von Professor Dempwolff und machte sich auf in die Richtung des Hotels, in dem Auguste und Opa wohnten.
Als sie dort ankam, waren die beiden allerdings nicht zuhause, denn es war ja auch erst früher Nachmittag. Sie beschloss, sich in das Restaurant des Hotels zu setzten und gemütlich einen Kaffee zu trinken und Zeitung zu lesen. Vielleicht würden die zwei bald kommen.
Und sie musste auch gar nicht lange warten. Schon bald, sie hatte unterdessen 3 Tassen Kaffe getrunken, kamen Auguste und Opa müde ins Hotel zurück. Schon wollten sie die Treppe zu ihrem Zimmer hochgehen, als Auguste gewahrte, dass Maria im Restaurant sass und las. Obwohl sie völlig erschöpft war, sie waren den ganzen Tag zu Fuss in Berlin herummarschiert, um Geld zu sparen, brachte Auguste die Kraft auf, um ihren Schritt noch einmal zu beschleunigen und zu Maria zu eilen. Opa keuchte hinter ihr her.
Maria erzählte ihnen, was sie herausgefunden hatte und dass sie jetzt auf die Antwort der drei Herren warten müssten. Sie hoffte, dass bis morgen oder übermorgen eine Antwort eintreffen würde, wusste aber auch nicht, wass sie machen sollten, falls keine käme. Dann wäre wohl der letzte Weg, selbst nach Kopenhagen, Zürich oder Breslau zu fahren. Opa meinte, dass Breslau sowieso auf dem Weg zurück nach Hause liege und dass es wohl kein Problem sein würde, dort ein zwei Tage zu bleiben. Doch für eine Reise nach Zürich oder Kopenhagen hätte er sicher nicht genügend Geld.
Aber eigentlich war es sinnlos, sich Gedanken über die Zukunft zu machen, bevor eine Antwort gekommen war. Als Maria sich verabschiedet hatte, diskutierten Opa und Auguste noch lange, was sie machen sollten. Beide waren sehr gespannt, ob einer der Herren zurück telegraphieren würde und ob sie überhaupt helfen könnten. Besonders Auguste war ganz aufgeregt. Noch nie war sie in ihrem Leben einem Wissenschaftler begegnet und nun stand sie indirekt gleich mit vier von ihnen in Kontakt, ganz zu Schweigen davon, dass sie mit einer Wissenschaftlerin schon zusammen Abendbrot gegessen hatte. Vor lauter Aufregung konnte Auguste gar nicht schlafen. Würde sich morgen ihr Leben ändern? Was würde geschehen? Irgendetwas musste doch geschehen! Wenn die angeschriebenen Wissenschaftler nicht würden helfen können, dann wäre ihre ganze Exkursion für nichts gewesen. Wenn sie nicht helfen wollten, auch. Doch wenn sie helfen würden, dann könnte sie so viel lernen.
In dieser Nacht beschloss Auguste, dass sie auch einmal Sprachwissenschaftlerin werden wollte. Aber da musste jetzt noch einige Jahre warten. Zuerst musste das aktuelle Problem gelöst werden. Hoffentlich würde Olaf bis zu ihrer Rückkehr warten, damit sie dann mit ihm sprechen könnten! Ach, alles schien ihr momentan so kompliziert. Doch morgen, morgen würde sich vielleicht alles ändern, oder vielleicht auch nicht. Was würde morgen geschehen?
(Fortsetztung folgt erst in zwei Wochen, da ich abwesend sein werde)
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1 Kommentar:
Ich glaube, dass Auguste ein tuchtiges Mädchen ist, das diese komplizierte Situazion lösen kann!
Ich werde folgen...
Gruesse,
Juha
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