Montag, 23. Februar 2009

Kapitel 29: Wie im Fluge

Die Wochen flogen nur so dahin. Auguste hatte viel zu tun. Morgens hatte sie Schule, nachmittags ging sie zur Nachhilfe zum Lehrer und abends musste sie vor dem Abendessen noch ihre Arbeiten auf dem Bauernhof erledigen. Dabei halfen ihr Harry und Opa so gut es ging. Um Olaf zu besuchen hatte sie einfach noch keine Zeit gehabt. Mit seinem Unsichtbarstein kam er ab und zu zu besuch und sie machten zusammen mit ihm in Opas Kammer Sprachunterricht. Für Auguste gab es keine Freizeit mehr. Ohne dass sie es merkte ging der Sommer vorüber und der Winter begann. Nicht irgendein Winter, nein ein besonders harter Winter. In Masuren sind alle Winter hart, aber dieser schien besonders hart zu werden. Schon im Oktober kam der erste Schnee und nicht einfach ein wenig Schnee sondern gleich ein ganzer Meter. Es wurde immer schwieriger für Auguste in die Schule zu gehen und auch wieder nach Hause zu kommen. Morgens wurde sie im Pferdeschlitten gefahren. Aber abends musste sie alleine zurücklaufen, da der Pferdeschlitten schon Mittags von den Besorgungen in der Stadt oder von anderen Angelegenheiten zurückfuhr, da auf dem Hof trotzdem noch viel Arbeit war. Deshalb beschloss der Lehrer, dass ihre Nachhilfe beendet sei und dass sie genug gelernt hätte um beim Unterricht folgen zu können. Dies war sogar noch untertrieben. In den letzten paar Monaten hatte sie so viel gelernt, dass sie schon fast eine Klasse hätte überspringen können. Durch die gestrichene Nachhilfe konnte Auguste mittags mit dem Schlitten zurückfahren und hatte nun plötzlich viel Zeit am Nachmittag. Doch vom Hof weg konnte sie nicht. Denn durch den hohen Schnee sah man überall ihre Spuren. Und man hätte auch Spuren von kommenden Menschen oder Wesen gesehen. Deshalb konnte auch Olaf nicht auf Besuch kommen.

Es war eine verzwickte Situation. Obwohl sie jetzt Zeit gehabt hätte, konnte Auguste Olaf nicht besuchen. Stattdessen sass sie mit Opa und Harry bei heissem Tee in der Stube und sie vertrieben sich die Zeit mit Spielchen und Rätseln. Immer wenn jemand hereinkam, verhielt sich Harry muksmäuschenstill, so dass ihn niemand bemerkte.

Doch sowohl für Opa, als auch für Auguste war diese Situation unaushaltbar. Es musste sich etwas ändern. Der Drang Olaf zu besuchen wurde immer grösser. Doch ihnen fiel einfach nicht ein, wie sie das anstellen sollten.

Sonntag, 15. Februar 2009

Kapitel 28: Der Alltag beginnt

Beim Träumen blieb es allerdings. Denn bevor Auguste noch mehr sagen konnte, kam Augustes Mutter angelaufen. "Auguste! Wo bleibst Du denn? Du solltest schon lange ins Bett! Morgen musst Du wieder in die Schule! Der Lehrer wird Dich sicher rannehmen. Er ist im Sommer einmal vorbei gekommen und meinte, dass er Dich nicht in die nächste Klasse aufstegenlassen wollte. Ich konnte Ihn nur mit Mühe überreden. Jetzt musst Du ihm aber auch beweisen, dass Du wirklich so klug und fleissig bist, wie ich ihm gesagt habe. Du wirst einen Monat Zeit haben, um den verpassten Stoff aufzuholen. Und Deine Aufgaben auf dem Hof musst Du auch ausüben. Deine Schwestern wollen nicht länger zuschauen, dass Du als einzige fast nichts tun musst. Sie meinten, wenn Du gross genug bist, um in die Weite Welt zu reisen, dann bist Du auch gross genug um zu arbeiten." Auguste schaute die Mutter verwundert an. Von was sprach diese Frau? Ja die Schule, ach ja, daran hatte Auguste nicht mehr gedacht. Und arbeiten? Was für Arbeit denn?

Die Mutter drehte sich um und Auguste folgte ihr mit hängendem Kopf. Schnell winkte sie Olaf zu, der mitlerweile wieder unsichtbar war und gab Harry beim vorbeigehen einen Zwick, damit er auch mitkommen sollte. Die Mutter bemerkte beides und schaute verwundert ein paar mal um sich herum. Dann fragte sie Auguste, wem sie denn zugewunken hätte. Auguste überlegte kurz und sagte dann: "Ich habe meiner Kindheut zum Abschied gewunken." Da war die Mutter baff. "Wieso denn Deiner Kindheit?" Du bist doch schon lange in der Schule und dir war doch schon lange klar, dass Du nicht ewig nur herumspielen kannst."- "Ja, aber du hast gefragt, drum habe ich geantwortet." erwiederte Auguste. Sie plauderten noch eine Weile weiter, denn die Mutter schien doch etwas schockiert zu sein, dass ihre jüngste Tochter so plötzlich von ihrer Kindheit abschied zu nehmen schien, welcher sie doch schon spätestens mit ihrer grossen Reise entflohen war. Und es bedrückte sie auch, dass ihre Tochter dies so klar sagen konnte. Sie selbst hatte den Übergang von der Kindheit ins Jugendlichenalter und schliesslich ins Erwachsenendasein gar nicht bemerkt. Es war einfach gekommen. Und ohne dass sie etwas überlegt hatte, war sie immer wieder langsam in einer neuen Lebensphase gewesen. Jaja, ihre Tochter schien viel mehr ein Kopfmensch zu sein. Sie hatte wohl recht gehabt sie zu verteidigen und den Entschluss gefasst zu haben, für die Bildung ihrer jüngsten Tochter zu kämpfen. Zur Nacht küsste sie ihre Tochter auf die Stirn und sagte ihr, dass sie morgen pünklich an die Tür klopfen würde.

Auguste lag in ihrem Bett und konnte nicht einschlafen. Morgen würde sie ihre Schulkameraden wieder sehen und den Lehrer auch. Und warum hatte sich ihre Mutter so für sie eingesetzt und den Lehrer überredet, ihr eine Chance zu geben? Sie durfte ihre Mutter nicht enttäuschen.

Am nächsten morgen wurde sie durch das Klopfen ihrer Mutter geweckt. Sofort war sie hellwach sprang auf und machte sich in Windeseile bereit. Gierig schlang sie das Frühstück herunter, gab Harry einen kurzen von anderen unbemerkten Knuff, griff nach ihrem Ranzen und eilte los. Fröhlich singend hüpfte sie entlang ihres alten Schulweges. Vorbei an dem kleinen Wäldchen über das Brückchen über den kleinen Bach und hinein ins Dorf. Sie schaute auf die Kirchenuhr. Sie war viel zu früh. Also beschloss sie, noch schnell in die Kirche zu gehen. Dort war sie ja auch schon lange nicht mehr gewesen. Dann, nach einem kurzen Dankesgebet, dass sie unbeschadet von der Reise zurückgekommen war, macht sie sich auf zum Lehrer. Da das Klassenzimmer noch nicht geöffnet war, klopfte sie an der Wohnungstür des Lehrers. Er öffnete ihr erfreut und bat sie herein. Zuerst fragte er sie bis ins kleinste Detail über die Reise und über Berlin aus. Er selbst war noch nie dort gewesen und war deshalb besonders neugierig. Gespannt hörte er ihren Erzählungen zu sah dann auf die Uhr und unterbrach sie. "Kannst Du nicht nach der Schule nocheinmal zu mir kommen und mir alles weitererzählen? Dann kann ich Dir auch helfen, den verpassten Schulstoff nachzuholen. Aber jetzt müssen wir gehen."

Im Unterricht gab sich Auguste alle erdenkliche Mühe, zu fogen und konzentriert mitzuarbeiten. Aber es wollte ihr nicht so recht gelingen. Immer wieder dachte sie an Olaf, Harry, den Stein und natürlich an ihre Reise. Dieses kleine schäbige Schulzimmer und dieser verstaubte Lehrer kamen ihr so unreal und unwichtig vor, dass sie am liebsten davon gelaufen wäre. Was konnte ihr schon ein Mann erzählen, der noch nie weiter weg gewesen war, als in der Bezirkshauptstadt? Nicht einmal in Olsztyn /Allenstein wer er schon gewesen. Das hatte er ihr soeben verraten. Und die Sagen der Germanen kannte er auch nicht. Das hatte sie auch gemerkt, als sie bei ihren Erzählungen von einer dieser Sagenfiguren erzählt hatte, um die Erläuterungen des Professors von Berlin etwas auszuschmücken. Dieser Mann würde sie nicht weiterbringen.

Während dieser vier Unterrrichtstunden fasste Auguste einen Entschluss für ihr Leben. Sie würde so schnell wie möglich das gesammte Wissen des Lehrers aufsaugen, damit sie so schnell wie möglich in die Provinzhauptstadt an eine weiterführende Schule könnte. Dort würde sie vielleicht auch wirklich interessante Dinge lernen können.

Nach dem Unterricht ging sie mit dem Lehrer in die Wohnung und wurde gleich zum Mittagessen eingeladen. Sie unterhielten sich und der Lehrer begann auch gleich mit dem Nachhilfe Unterricht. Draussen begann es schon zu dämmern. Auguste wurde langsam unruhig, denn sie wollte nach Hause. Das merkte der Lehrer. Trotz der vorgerückten Stunde gab er ihr viele Hausaufgaben mit. Unter der Last der Bücher konnte Auguste den Heimweg nicht wie gewohnt zurückhüpfen, sondern sie schleppte sich mühsam ab.

So vor sich hinkeuchend merkte sie, wie ihre Bücher plötzlich leichter wurden. Zwar sah sie niemanden aber intuitiv wusste sie, dass Olaf ihr half. Erfreut begrüsste sie ihn. Er blieb unsichtbar, doch gab sich durch eine Antwort zu erkennen. Sie plauderten so gut es ging und er lud sie für Sonntag Nachmittag zum Kaffetrinken zu sich in die Hütte ein. Auguste freute sich, sagte ihm aber auch, dass es wahrscheinlich schwierig werden würde. Denn Sonntagvormittag gingen sie mit der ganzen Familie in die Kirche, wo sich das ganze Dorf traf. Das hiess, dass es nach der Kirche noch ein wildes Geschnatter gab und wenn sich die Leute langsam vertstreuten, dann hiess es noch Kaffetrinken auf dem Hof. Meist kam noch Besuch und dann würde es besonders schwierig werden, sich davon zu schleichen. Aber sie versprach, dass sie sich alle Mühe geben würde.

Sie plauderten weiter und weiter, bis sie am Hof ankamen. Olaf verabschiedete sich und Auguste bog in den Hof ab, wo sie schon von ihrer grossen Schwester Henriette erwartet wurde, welche ihr mitteilte, dass sie ihre gesammte Arbeit für heute noch nicht er ledigt hätte! "Welche Arbeit?" fragte Auguste? Ihr war zwar mitgeteilt worden, dass sie mehr mit anpacken sollte, aber konkret hatte sich noch niemand geäussert. Das merkte jetzt auch Henriette und darum beschloss sie mit Auguste vor dem Arbeitsessen noch einen genauen Arbeitsplan auszuarbeiten.

Montag, 9. Februar 2009

Kapitel 27: Der Stein

Plötzlich kitzelte etwas an Augustes Schienbein. Und dann zog etwa in Richtung hinter dem Haus. Zuerst wollte Auguste ausrufen, dass Harry doch den Blödsinn seinlassen solle. Doch bei einem kurzen Seitenblick auf Harry, bemerkte sie, dass dieser ganz unbeteiligt neben ihr sass und in die Luft starrte. Auguste stockte. Wenn es Harry nicht war, wer war es dann, der da gerade wild an ihrer Socke zog? Sie beschloss, Harry nichts mitzuteilen und sagte so beiläufig wie möglich, dass sie einmal schnell auf Toilette müsste und dass sie in etwa 5 Minuten zurückkommen würde. Diese Zeitangabe machte sie, da sie ja nicht wusste, auf was sie sich einlassen würde. Wenn etwas nicht stimmen würde, käme Harry sie sicher nach spätestens einer viertel Stunde suchen.
Sich nichtsanmerken lassen schlenderte sie so unauffällig, dass es schon wieder auffällig war hinters Haus, genau dem unheimlichen Zerren nach. Kaum war sie um die Ecke, stand ihr plötzlich Olaf gegenüber, noch hielt er sich an ihrer Socke fest, liess aber die Hand schnell fallen, als er Augustes kritischen Blick bemerkte. Dann fielen sich beide in die Arme und begrüssten sich. Auguste erzählte von ihren Erlebnissen und wie froh sie war, Olaf wieder zu sehen. Zwar waren die Sprachschwierigkeiten nicht einfach aus dem Weg geräumt, abe rmit Zeichensprache kann man viel sagen. Und zu Augustes Überraschung hatte Olaf etwas masurisch gelernt und so hätte sich ihre ganze Reise eigentlich erübrigt, wären da nicht all die tollen Erlebnisse gewesen.

Und dann konnte Auguste nicht mehr warten und fragte wo Olaf und seine Frau denn jetzt wohnten und wie er denn so unsichtbar zu ihr gekommen sei. Da verriet Olaf ihr ein Geheimnis. Er zeigte ihr einen kleinen weissen Stein. Sobald er diesen in die Hand nahm, wurde er unsichtbar. Auguste war begeistert. Mit diesem Stein liessen sich viele Dinge unternehmen! Ach wie wunderbar würde doch dies sein! Sofort begann Auguste zu träumen, von kommenden Abenteuern, welche sie mit Hilfe eines solchen Steines unternehmen könnte.

Montag, 2. Februar 2009

Kapitel 26: Warten bis zum Sonnenuntergang

Sobald Auguste es geschafft hatte, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen, half sie Harry, sich eine Ecke unter ihrem Bett so wohnlich wie möglich einzurichten. Das ganze musste sehr schnell gehen. Auguste hatte hier kein eigenes Zimmer, sondern teilte es mit ihren grossen Schwestern. Eine von ihnen konnte jederzeit hereinplatzen. Jedesmal wenn sie Schritte auf der Treppe hörte, blieb beiden der Atem stehen, Auguste sprang in windeseile ins Bett und Harry machte einen Köpfler unter das Bett. Als sie diese Übung das dritte Mal durchgezogen hatten, konnte sich Auguste vor lachen kaum noch halten. "Sag mal Harry, warum machst Du das eigentlich? Morgen wirst Du viele blaue Flecken haben. Die anderen können Dich doch sowieso nicht sehen! Du könntest genausogut mitten im Raum stehen, wenn eine meiner Schwestern die Tür öffnen würde, sie hätten keine Ahnung, dass Du vor ihnen stehst." Harry schaute Auguste verdutzt an. Daran hatte er gar nicht gedacht und nun schämte er sich, dass er sich vor dem kleinen Mädchen so blamiert hatte, dass sie schallend über ihn lachte.

Schnell vergass er die Peinlichkeiten und stürzte sich eifrig in die Arbeit. Denn schliesslich ging es ja um sein neues Zuhause. Nach etwa einer halben Stunde mit Unterbrüchen hatten sie es geschafft. Auguste fiel erschöpft ins Bett und Harry verkroch sich in seinem Schlupfwinkel. Und kaum lagen beide, da schliefen sie auch schon fest. So fest, dass keiner von ihnen gewahrte, dass sie diese Nacht mehrmals Besuch erhielten.

Der erste Besuch war Augustes Mutter. Nachdem sie ihre Jüngste so lange nicht mehr gesehen hatte, wollte sie einfach nocheinmal nach ihr schauen. Leise schlich sie ans Bett, strich ihrer schlafenden Tochter über die Haare und staunte darüber, wie sich das Mädchen über den Sommer verändert hatte. Aber sie war auch stolz auf ihre Tochter. Dieses kleine Mädchen war schon weiter in der Welt herumgekommen, als die eigene Mutter. Bevor Auguste ins Bett gegangen war, hatte sie allen wie ein Wasserfall von der Reise und den vielen Erlebnissen Berichtet. Sie hatte auch erwähnt, dass sie wie die kluge Frau, bei der sie hatte wohnen dürfen, studieren wollte. Der Vater hatte natürlich sofort die Nase gerümpft. Er war Bauer und seine Töchter sollten auch einmal Bauern heiraten. Geld für ein Studium war nicht vorhanden. Die Mutter hatte ihm beigepflichtet, doch wie sie jetzt ihre Tochter betrachtete, nahm sie sich vor, alles zu unternehmen, ihrer Tochter ein Studium zu finanzieren, sollte sie in der Schule gute Leistungen erbringen. Sie wusste, dass es schwer werden würde, aber sie selbst hatte nie Bäuerin werden wollen. So wollte sie versuchen, wenigstens ihrer jüngsten Tochter zu ermöglichen ein Leben zu führen, wie sie es sich wünschte. Sie stellte sich vor, wie schlimm es wohl für Augustchen sein würde, wenn sie ihr Lebenlang in dem kleinen Dorf verbringen müsste, nachdem sie jetzt schon so viel von der Welt gesehen hatte! Nein, sie wollte, dass ihre Tochter eine Weltenbürgerin würde. Vielleicht würde sie so auch einen reichen, intelligenten Mann finden und ein glückliches Leben ohne viel Arbeit un Mühe führen können.

Nachdem die Mutter so nachgedacht hatte, verliess sie schweren Herzens das Zimmer. Was würde wohl das Leben ihrer Tochter in Zukunft bringen? Würde sie glücklich werden? Sie war so ganz anders, als die zwei grossen Schwestern. Und klug! Sie schien klüger zu sein, als ihre Schwestern. Gedankenverloren stieg die Mutter die Treppe hinunter und ging ebenfalls schlafen.

Kurze Zeit später kamen die zwei grossen Schwestern und gingen ebenfalls ins Bett. Sie waren ein wenig neidisch, dass ihre kleine Schwester nicht hatte bei der Heuernte helfen müssen und stattdessen so viel erlebt hatte. Doch sie waren auch froh, dass Auguste wieder hier war. Denn ohne den kleinen Zwirbel war es ihnen manchmal etwas langweilig geworden.

Kaum waren auch die Schwestern eingeschlafen, huschte ein Schatten durchs Fenster. Hätten die Schwestern ihn wahrgenommen, sie hätten geglaubt sich zu täuschen. Eine seltsame dunkle Figur näherte sich Augustes Bett, legte einen Brief unter ihr Kopfkissen und entfernte sich wieder. Nach weniger als zwei Sekunden war alles vorüber und man hätte meinen können, es sei nie passiert.

Am nächsten Morgen wurde Auguste durch das kitzeln der Sonne auf der Nase wach. Sie schlug die Augen auf und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war. Wie roch es denn hier? So nach Kühen und Pferden? Wieso summten hier so viele Fliegen herum? Was war das für ein Lärm da draussen? Verwirrt richtete sie sich auf. Und dann viel ihr alles wieder ein. Sie war wieder zuhause, nicht mehr in einer anderen Stadt! Schnell wie der Blitz zog sie sich eines ihrer alten Arbeitskleider an und sprang die Treppe hinunter in die Küche, wo für sie ein Frühstück parat stand. Ausser Opa waren alle schon an der Arbeit. Alleine wollte sie nicht essen, also hüpfte sie nocheinmal die Treppen hinauf und weckte ihren Opa. Gemeinsam frühstückten sie und besprachen die vergangen Wochen und die Zukunft. Es wurde Auguste schmerzlich bewusst, dass sie spätestens morgen wieder zur Schule gehen müsste. Und darauf hatte sie nun also gar keine Lust! Sie hatte sich er viel Unterrichtsstoff verpasst und würde nun alles mühsam nachholen müssen. Opa versprach ihr dabei zu helfen. Er übernahm es auch Harry etwas zu Essen hochzubringen. Denn Auguste zog es hinaus in den Garten, auf die Felder und natürlich zum Wäldchen, wo sie sich zuletzt mit Olaf getroffen hatte. Freudig singend schlenderte sie durch die Vertraute Landschaft. Ja, nun war sie wieder zuhause, hier kannte sie jeden Stein, jeden Baum, jedes Haus.

Nachdem sie eine Weile wild herumgetollt war, nahm sie ihren Mut zusammen und ging zu Olafs Haus. Doch wie gross war die Enttäuschtung. Das Haus war leer und es schien, als sei es ein wenig zerfallen. "Das heisst, dass Olaf und seine Frau den Ort schon vor geraumer Zeit verlassen haben! Hoffentlich sind sie nicht weggezogen!" dachte Auguste bestürzt. Traurig wanderte sie nach Hause. Dort ging sie in ihr Zimmer, um nach Harry ausschau zu halten. Wenigstens einen Freund hatte sie noch, wenn Olaf sie schon im Stich gelassen hatte.

Harry war zuhause schon dabei den Brief zu entziffern, der in der Nacht vobreigebracht worden war. Es war in Olafs Sprache geschrieben. Doch Auguste und Harry schafften es, ihn mit Hilfe der Unterlagen aus Breslau zu entziffern. Die Freude Augustes war gross. Olaf hatte ihre einen Brief geschrieben. Er teilte ihr mit, dass er noch in der Gegend wohnte, aber das Haus hatte verlassen müssen, da ihn jemand bedroht hatte. Den neuen Aufenthaltsort konnte er nicht aufschreiben und auch keinen Treffpunkt abmachen, da er befürchte, dass dieser Brief vielleicht in falsche Hände geraten würde. Aber er würde alles Menschenmögliche und etwas mehr tun, damit sie sich wieder treffen könnten.

Harry und Auguste warteten beide gespannt den ganzen Nachmittag im Hof. Sie erwarteten, dass Olaf jeden Augenblick hinter irgend einer Ecke hervorlugen würde und ihnen zuwinken würde. Doch die Sonne stieg höher und wieder tiefer und die gute Laune von Auguste und Harry machte die gleiche Bewegung. Sie wurden immer ungeduldiger, getrauten sich aber nicht, ins Haus zu gehen, da sie annahmen, dass Olaf sie sonst nicht kontaktieren könnte. Also warteten sie weiter und verkürzten sich die Zeit mit Rätselspielen.