Sonntag, 13. Juli 2008

Kapitel 13: Zwei Landmenschen in Berlin

An der Rezeption wurde der Opa ganz anders empfangen, als er es erwartet hatte. Zwar war der Portier freundlich, sagte ihm aber auch bestimmt, dass er keine Zeit habe, um irgendwelche Wissenschaftler ausfindig zu machen. Opa war etwas enttäuscht. Wie sollte er sich jetzt zurechtfinden? Doch der Portier erwies sich doch noch als nützlich. Er zeigte dem Opa auf einem Stadtplan, wo sich das Hauptgebäude der Universität befand. Dort würde man ihm sicher weiterhelfen können. Um den beschriebenen Weg am nächsten Tag noch im Gedächtnis zu haben, marschierte der Opa gleich los und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Strassen wurden von riesigen, mehrstöckigen Bauten gesäumt, grösser als er es je zuvor gesehen hatte. Da waren die Häuser von Olsztyn, die ihm schon gross erschienen waren, direkt klein gewesen. Wie er so im Staunen war, kam er plötzlich an einem noch prächtigerem und grösseren Gebäude vorbei. Er hatte es tatsächlich in die Strasse "Unter den Linden" geschaft, ohne ein einziges Mal nach dem Weg fragen zu müssen. Nun blieb ihm vor Staunen fast die Luft weg. Dieser herrschaftliche Palast mit einer Statue Friedrichs und einem Park war also die Universität. Wo sollte er denn hier hineingehen? Es gab so viele verschiedene Türen und Fenster und aus allen kamen Menschen heraus oder gingen welche hinein. Es war schon immer sein Wunsch gewesen, einmal in die Friedrich-Wilhelm-Universität zu gehen. Und nun stand er davor und wusste nicht, wie er hinein sollte. Er beschloss, dieses Wagnis auf den nächsten Tag zu verschieben, denn schliesslich war morgen auch noch ein Tag und Auguste wüsste sicher einen Ausweg.

Opa schaute auf die Uhr und bemerkte voller Schreck, dass er bereits zwei Stunden umher geschlendert war. Auguste würde sicher schon wach sein.

Und tatsächlich. Auguste war aufgewacht und hatte den Opa bereits vermisst. Sie hatte an der Rezeption nach ihm gefragt und dort hatte man ihr gesagt, dass der Opa zur Universität aufgebrochen sei. Sie war ein wenig sauer. Was bildete sich Opa eigentlich ein? Sie einfach alleine zu lassen und ohne sie ihrer gemeinsamen Aufgabe nachzugehen? Wild entschlossen, ihn einzuholen eilte sie aus dem Hotel, ohne zu fragen, in welche Richtung sie müsse. Auf diese Idee war sie gar nicht gekommen. Denn sie war es von Zuhause gewohnt, dass man sehr schnell sehen würde, wohin man gehen musste. Eine Weile lang eilte sie ohne zu schauen der Strasse auf der sie sich gerade befand entlang. Dann begann sie sich, von Sehenswürdigkeiten leiten zulassen. Überall, wo sie etwas spannendes sah, bog sie ab und ging in diese Richtung. Berlin gefiel ihr super! Ach war es schön hier! Und gab es viel anzuschauen. Sie merkte gar nicht, dass sie sich bereits völlig verirrt hatte. Und plötzlich stand sie vor einem riesigen Tor mit zwei Elefanten als Säulenstütze. Nun wusste sie wo sie war. Sie war beim zoologischen Garten. Davon hatte der Lehrer zuhause erzählt. Von diesem Tierpark, in dem es soviele Tiere gab, dass man sie gar nicht alle zählen konnte. Glücklicherweise hatte Auguste einige Groschen in der Tasche und so konnte sie sich eine Kindereintrittskarte leisten. Sie zögerte nicht lange und gab ihr letztes Geld dafür aus, nur damit sie in den Tiergarten gehen könne. Glücklich stolzierte sie hinein und begann nach exotischen Tieren ausschauh zu halten. Sie musste auch gar nicht lange suchen und sie stand vor dem Elefantengehege. Ach waren diese Tiere riesig. Im Schulbuch hatte man sehen können dass sie eine enorme Grösse hatten, aber dass sie so gross waren, dass hatte sich Auguste beim besten Willen nicht vorstellen können. Versunken in Träumen und Gedanken wandelte sie durch den Zoo und bestaunte all die fremdartigen Tiere. Sie fühlte sich wie im Paradies. Bis ihr plötzlich ein Wärter auf dei Schulter klopfte und meinte: "Junges Fräulein, wir haben bereits geschlossen, soll ich sie zum Ausgang begleiten?" Erschrocken fragte Auguste den Mann, wie spät es denn sei. Es war bereits nach sechs Uhr abends! Was würde Opa denken, wenn er zurückkäme und sie nicht im Zimmer vorfinden würde? Doch wie sollte sie nun zum Hotel zurückkommen? Ja, wie hiess eigentlich das Hotel, in dem sie wohnten? Plötzlich merkte sie, dass sie sich verlaufen hatte und bekam Angst, dass sie Opa vielleicht nie wieder sehen würde. Ohne Geld konnte sie sich auch nichts zuessen kaufen, geschweige denn für eine Nachtunterkunft bezahlen. Da sie sich nicht zu helfen wusste, fing sie bitterlich an zu weinen. Der Wärter wusste nicht recht, was er mit dem heulenden Kind anfangen sollte und schob sie vorsichtig in Richtung Ausgang. Als sie dort ankamen fragte er das Mädchen, was es denn habe. Da erklärte ihm Auguste, dass sie nun muttereseelen allein sei und nicht wüsste, wie sie ihren Opa wieder finden sollte.

Doch Auguste hatte Glück, der Wärter war ein Kinderlieber Mensch, der alleine wohnte. Wenn er am Abend nach Hause kommen würde, wartete niemand auf ihn. So hatte er Zeit. Also entschloss er sich, Auguste zu helfen. Er bat sie, sie solle sich in das Kaffe auf der anderen Strassenseite setzten und auf ihn warten, bis er mit der Arbeit fertig sei. Er bestellte sogar eine heisse Schokolade für Auguste, eine Köstlichkeit, die sie noch nie zuvor geschmeckt hatte.

Es ging gar nicht lange und da kam der Wärter in ziviler Kleidung aus dem Zoo heraus. Er bat Auguste auf den Gepäckträger seines Fahrrades zu sitzen und begann mit ihr von Hotel zu Hotel zu fahren. Dabei hoffte er, dass das Mädchen wenigstens das Gebäude erkennen würde. Und tatsächlich, als sie etwa 1 1/2 Stunden unterwegs gewesen waren, rief Auguste plötzlich: "Dort vorne ist es!" Glücklich verabschiedete sie sich vom Wärter und versprach ihm, ihn noch einmal zu besuchen. In der Unterhaltung während ihrer kleinen Fahrradtour hatte Auguste erfahren, dass er Elefantenwärter war. Elefanten waren von den exotischen Tieren Augustes Lieblinge. Und so hatten sie sich prima über diese Tiere unterhalten können.

Als Auguste das Hotel betrat, warteten dort schon eine ganze Menge aufgeregter Personen. Der Opa war da, der Portier, ein Polizist, eine nervöse Dame und eine ganze Menge Schaulustiger. Alle hatten überlegt, wie sie Auguste am besten finden könnten. Als diese nun zur Tür hereinkam, ging ein Aufschrei durch die Menge: "Da ist sie ja!" Opa rannte auf sie zu, drückte sie in die Arme und schimpfte mit ihr, dass sie doch nicht einfach davonlaufen könne. Auguste freute sich den Opa zu sehen und weinter erleichtert, wieder in sicheren Armen geborgen zu sein. Gerührt von dem Glück, was die beiden zu empfinden schienen, kam die nervöse Dame etwas näher und lud sie zu sich zum Abendessen ein.

Opa wollte zuerst widersprechen, aber die Dame liess nicht mit sich reden. "Um acht Uhr werde ich sie von einer Kutsche abholen lassen." sagte sie nur und dann verschwand sie. Auguste fragte den Opa, was das für eine Dame sei, doch dieser wusste es selbst nicht. Also zogen sich die beiden auf ihr Zimmer zurück und machten sich fein, denn die Kutsche konnte jeden Augenblick kommen.

1 Kommentar:

Juha V. Mentu hat gesagt…

Doch gab es freundliche Leute, die helfen möchten! Ich hoffe, auch heutzutage auch?

- Heute habe ich endlich das Bild von Petäjävesi fertiggemacht. Die Vorstellung wird am Anfang August in einem alten Wasserkraftwerk öffnen. Beide Farb- unbd Schwarzweisszeichnungen werden von mir dort getragen.

Gruesse,
Juha