Sonntag, 25. Mai 2008

Kapitel 9: Das Trollhaus ist geheim

Am nächsten Morgen war Auguste ungewöhnlich früh auf dem Weg zur Schule, denn sie wollte unbedingt mit dem Lehrer sprechen, bevor die anderen Kinder kommen würden. So wollte sie unnötige Fragereien vermeiden. Denn sie konnte den anderen Kindern ja schlecht erzählen, dass sie nach Berlin fahren würden, um die Sprache eines Trolles zu entziffern. Das musste unter allen Umständen geheim bleiben. Klar, sie könnte die gleiche Ausrede verwenden, wie der Opa das bereits Zuhause getan hatte, aber Kinder tendieren dazu viel mehr nachzufragen. Und dann würde vielleicht irgendjemandem etwas auffallen. Also besser erst gar kein Risiko eingehen.

Doch aus ihrem Unternehmen wurde nichts. Auf dem Weg zur Schule traf sie unverhofft auf Olaf. Es schien, als habe er auf Auguste gewartet. Sie freute sich, da sie aber keine Möglichkeit sah, sich zu verständigen, wollte sie winkend weitereilen. Doch Olaf hatte sich fest vorgenommen, mit dem Mädchen in Kontakt zu kommen. Seit ihrer letzten Begegnung hatte er viel nachgedacht. Er hatte, als er von der Begegnung beim Kühehüten nach Hause gekommen war, seiner Frau mitgeteilt, dass er nun endlich herausgefunden habe, dass dieses Mädchen Auguste hiess. Und auch, dass Auguste die Sprache der Menschen, welche Ulf vor vielen Jahren aufgeschrieben hatte, leider nicht beherrschte. Lange hatten er und seine Frau diskutiert, was sie wohl unternehmen sollten. Da Olaf meinte, dass Auguste ihnen wohl freundlich gesinnt war und Asha, seine Frau, sehr um die eigene Sicherheit besorgt war, schien es wichtig, dass sie Auguste unbedingt zur Freundin gewinnen müssten. Denn schliesslich wussten Auguste und der alte Mann wo sie wohnten. Noch nie zuvor war ein Mensch so nahe zu ihrer Hütte gekommen und hatte sie beobachtet. Und wer weiss, wenn Auguste anderen Menschen von ihrer Existenz erzählen würde, so würden vielleicht böse Menschen kommen und ihr Heim zerstören. Deshalb war es nun Olafs Auftrag, Auguste irgendwie verständlich zu machen, dass sie niemandem vom Trollhäuschen erzählen durfte. Da er Auguste schon eine Weile beobachtet hatte, wusste er, dass sie morgens in Richtung des Dörfchens ging. Die beste Gelegenheit, um sie abzupassen.

Sicherheitshalber hatte Olaf auf einen Zettel die Worte "Trolmands hus er en hemlighed" (das Trollhaus ist ein Geheimnis) geschrieben. Diesen Zettel reichter er nun Auguste, obwohl er wusste, dass sie ihn nicht verstehen würde. Aber so würde sie merken, dass er ihr etwas sagen wollte. Und so war es auch. Auguste freute sich über die Nachricht. Nun hatten sie schon mehr Schriftstücke, die sie entziffern konnten. Langsam würde sich die Reise nach Berlin lohnen. Mit Zeichen bedeutete Auguste Olaf, dass sie nicht verstand, was da stand. Nun begann Olaf zu zeichnen. Er zeichnete ein Haus und dann zeichnete er zwei sich unterhaltende Strichmännchen. Diese strich er durch. Auguste verstand Bahnhof. Das einzige, was sie daraus deuten konnte, war "Ein Haus in dem zwei Menschen waren und nun nicht mehr dort sind." Oder meinte Olaf mit den Strichmännchen wohl Trolle? Hiess das, dass er sich von ihr verabschieden wollte, weil sie weggehen würden? Oh nein, das durfte nicht sein! Aufgeregt malte Auguste ihrerseits zwei Strichtrollmännchen in den Boden und einen langen Pfeil der wegzeigte. Diesen strich sie einergisch durch. Nun war es der Troll, der nicht verstand. Auguste schaute auf die Uhr. Nun musste sie sich beeilen, um nicht zu spät zu kommen. Mit einem freundlichen Lächeln verabschiedete sie sich von Olaf und eilte in die Schule. Sie drehte sich nocheinmal um und winkte. Olaf winkte zurück. Hatte sie verstanden um was es ging? Er konnte sich nicht sichersein. Aber nun war er sich ganz sicher, dass er vor Auguste keine Angst zu haben brauchte.
Auguste erreichte die Schule knapp bevor der Unterricht begann. Sie konnte nicht einmal daran denken, den Lehrer über Berlin und den Weg dorthin auszufragen. Enttäuscht setzte sie sich auf ihren Platz und wartete geduldig, bis der Unterricht zuende war. Nach der Schule schlich sie sich heimlich zum Lehrer, anstatt wie üblich gleich nach Hause zu eilen. Sie fragte ihn, ob er wüsste, wie man am besten nach Berlin komme. Erstaunt blickte er sie an und fragte, warum sie denn das wissen wolle. Sie erzählte ihm, dass sie ihren Opa nach Berlin begleiten würde und wohl nächste Woche und vielleicht auch übernächste Woche nicht zur Schule kommen könnte. Der Lehrer gestand ihr, dass er selbst noch nie weiter als bis Allenstein/Olsztyn gekommen sei. Aber er versprach ihr, dass die Reise von hier bis Olsztyn sehr abenteuerlich werden würde. Er war mit der Kutsche bis nach Lyck/Elk gefahren und von Dort gab es einen direkten Zug nach Olsztyn. Während er so erzählte, begannen seine Augen zu leuchten. Wie gerne würde er selbst eine Reise nach Berlin unternehmen. Doch dafür reichte das spärliche Lehrereinkommen nicht.

Da ihr der Leher nicht wirklich weiterhelfen konnte, hüpfte Auguste glücklich nach Hause. Nur noch 7 Tage und dann beginnt die grosse Reise! Am liebsten wäre es Auguste, wenn schon Sonntag wäre. Zuhause begann sie sofort mit der Planung, was sie alles mitnehmen müsste. Dabei vergass sie vollkommen, dass sie noch den Zettel von Olaf in der Jackentasche hatte. Die Jacke hatte sie in der Garderobe aufgehängt. Eine Magd sah den Zettel aus der Tasche lugen und schlich sich neugierig heran, um zu sehen, was da wohl in der Tasche steckte. Doch was war dass? Als sie das zusammengefalltete Stück Papier öffnete, konnte sie nur ein gekrakel sehen, jedoch nicht verstehen, was die seltsamen Worte bedeuten sollten. Was war das nur für eine Sprache? Und wieso trug Auguste Schriftstücke in einer fremden Sprache mit sich herum? Da sie ein wenig eifersüchtig auf Auguste war, da diese nach Berlin fahren durfte und sie wohl nie in ihrem Leben dorthin kommen würde, beschloss sie, Auguste bei der Mutter zu verraten. Vielleicht würde die Mutter Auguste dann zuhause behalten und sie selbst könnte den Opa begleiten? Gedacht, getan. Sofort machte sich die Magd auf die Suche nach der Mutter.
(Fortsetzung folgt erst am 15.6.08, da ich jetzt 14 Tage ausser Land bin. Bis dann, liebe Grüsse Jeroschka)

Sonntag, 18. Mai 2008

Kapitel 8: Die grosse Reise

Am nächsten Morgen weckte der Opa Auguste mit den Worten: "ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht." Sofort war Auguste hell wach aus dem Bett gesprungen und drängte den Opa, alles zu erzählen. Nun, Opa machte es spannend und begann mit der schlechten Nachricht. Er erzählte Auguste, dass er bis spät in die Nacht versucht hatte, die Wörter zu entschlüsseln, dass es ihm aber nicht gelungen sei. Wie nicht anders zu erwarten, war Auguste sehr enttäuscht über diese Botschaft. Opa zögerte noch ein Weilchen und rückte dann mit der guten Nachricht heraus. Er hatte als Kind bei einem Unfall ein Auge verloren. Damals war ihm anstelle des richtigen ein Glasauge eingesetzt worden. Nicht dass ihn dies gross in seiner Lebensweise beinträchtigt hätte, nein, er hatte schon einig Jährchen auf dem Puckel und hatte während seines langen Lebens gelernt, mit dem fehlenden Auge umzugehen. Jetzt aber hatte er gehört, dass mit dem neuen medizinischen Fortschritt vielleicht eine Heilung des Auges möglich sei. Und das wollte er zumindest einmal von Nahem sehen, auch wenn für Ihn des Alters wegen eine solche Operation wohl nicht mehr in Frage käme, ganz abgesehen davon, was es kosten würde. Das Geld dafür währe nicht vorhanden. Für eine Reise nach Berlin hingegen wäre es knapp genug. Deshalb wollte er nach Berlin fahren. Um jedoch die lange Reise nicht alleine auf sich nehmen zu müssen, würde er um die meist entbehrlichste Arbeitskraft als Begleitung bitten. Da Auguste die Jüngste auf dem Hof war, hatte sie am wenigsten Aufgaben zu verrichten. Sie könnte also am ehesten durch andere ersetzt werden.

Auguste jubelte freudig auf. "Opa, du bist grossartig!" rief sie. Eine gerade in der Nähe arbeitende Magd hob erschrocken den Kopf. Wer schrie denn schon morgens so in der Gegend herum? Als sie sah, dass es sich um Augustchen und den Opa handelte, schüttelte sie bloss den Kopf und dachte bei sich. Die eine ist noch zu jung um ernst durchs Leben zu gehen und der andere schon zu alt. Die beiden passen gut zueinander.

Gleich nach dem Frühstück gingen alle Hofbewohner zusammen in die Kirche. Schliesslich war es Sonntag und das ganze Dorf ging dort hin. Da konnte keiner fehlen, dass würde sofort auffallen und zu Getratsche führen. Auguste ging einerseits gerne in die Kirche, weil sie so gerne die schönen Lieder hörte und sang, andererseits fand sie die Predigt des Pfarrers meist sehr langweilig, weil er über Dinge sprach, die sie nicht verstand. Sie freute sich aber während der Kirche immer auf die Zeit nach dem Gottesdienst. Alle würden vor der Kirche stehen, man unterhielt sich, scherzte und pflegte Kontakte. Das mochte sie gerne. Heute jedoch zog es sie so schnell wie möglich nach Hause. Opa hatte ihr versprochen, dass sie beim sonntäglichen gemeinsamen Mittagessen die ganze Familie in ihre Pläne einweihen würden. Es war sehr wichtig, dass sie eine Erlaubnis für ihr Unternehmen bekommen würden. Und so kam es, dass Opas und Augustchens Reise das Gespräch während des Mittagsessen vollkommen ausfüllten. Nach langem hin und her diskutieren, wurde beschlossen, dass die beiden gehen könnten. Opa hätte sein Lebtag genug geschuftet und sei noch nie weiter als in die Bezirkshauptstadt gekommen und Augustchen sei eine gute Begleitung für den Opa und wer weiss, vielleicht würde ihr die Stadterfahrung später einmal nützen. Es wurde auch diskutiert, dass wenn Augustchen nach Berlin fahren dürfe, die älteren Schwestern auch gehen sollten, da es sonst unfähr sei. Doch momentan reichte das Geld nicht für alle und ausserdem würden zuviele Arbeitskräfte fehlen. Man einigte sich darauf, dass die Schwestern alle einzeln, nach Beendigung der Schule für ein paar Wochen oder Monate in eine grosse Stadt fahren sollten, um das Stadtleben kennen zu lernen. Damit waren alle einverstanden.

Nach dem Essen zogen sich Auguste und Opa aufgeregt in Opas Zimmer zurück. Bis zur Abreise musste noch so viel geplant werden! Sie hatten beschlossen, dass sie nächsten Samstag losreisen wollten. So konnte Auguste noch eine ganze Woche zur Schule gehen und es würde genug Zeit bleiben, alles bis ins Detail zu planen. Was würden sie alles mitnehmen müssen? Auf was würden sie in Berlin treffen? Wie sollten sie überhaupt nach Berlin kommen? Zuerst müssten sie nach Lyck/ Elk reisen. Von dort könnten sie den Zug nach Allenstein/Olsztyn nehmen. Ja und von dort würde es wohl einen Zug geben, der direkt nach Berlin fahren würde, oder etwa nicht? Als sie so überlegten, merkten sie, dass sie ein ziemliches Unternehmen zu planen hätten. Sie würden mindestens 2 Wochen unterwegs sein. Wo würden sie überhaupt schlafen? All diese Fragen hatte sich Auguste vorher nicht gestellt. Und jetzt schienen ihr auf einmal viele Probleme auf sie zuzukommen. Der Sonntag war schon fast fertig und sie wussten immer noch nicht genau, wie sie das ganze Vorhaben durchführen sollten. Opa meinte: "Kommt Zeit, kommt Rat." Doch dieser Ausspruch mochte Auguste nicht recht zu beruhigen. Sie nahm sich fest vor, am nächsten Tag den Lehrer in der Schule über Berlin und den Weg dorthin auszufragen.

Sonntag, 11. Mai 2008

Kapitel 7: Fremde Sprache

Am nächsten Morgen fand Auguste den Zettel auf den Olaf geschrieben hatte. Aufgeregt rannte sie damit zum Opa. Doch dieser konnte ihn auch nicht lesen. Aber immerhin. jetzt hatten sie schon mehrere Indizien für die Sprache. Zum einen hatten sie die Wörter, die sie bei der Begrüssung aufgeschnappt hatten, und zum anderen hatten sie den Brief des Trolls. Um herauszufinden, was das hiesse, meinte Opa, dass sie wohl am besten einen Sprachprofessor fragen würden. Bei ihnen auf dem Dorf gab es keinen. Sie müssten wohl in die grosse Stadt fahren. Doch wie würden sie nur gegenüber den anderen begründen können, dass sie in die grosse Stadt fahren wollten? Opa war während seines langen Lebens vielleicht 3 oder 4 Mal dort gewesen. Wenn wichtige Besorgungen zu machen waren, genügte meist die Bezirkshauptstadt. Dort gab es aber keine Universität, weshalb sie für Augustes und Opas Vorhaben zu provinziell war. Sie brauchten eine grosse Universtität, an der auch Sprachwissenschaften unterrichtet wurde. Sie müssten mindestens nach Allenstein / Olsztyn fahren. Aber vielleicht wäre die dortige Universität zu klein und sie müssten sogar bis nach Berlin!
Auguste wurde bei dem Gedanken an die bevorstehende Reise ganz aufgeregt. Noch nie war sie weiter als bis zum Dorf gekommen. Sie würde das erste Mal in ihrem Leben eine grosse Reise unternehmen. Doch wie würden sie es nur anstellen, dass die anderen sie ohne Argwohn ziehen liessen? Das Geld war nicht das Problem, denn Opa hatte ein wenig auf die Seite gelegt. Er war fromm und trank nicht viel, weshalb er sein Trinkgeld immer schön zur Seite gelegt hatte. Viel schwieriger war es, dem Lehrer zu erklären, warum Auguste frei bekommen müsse und den Eltern und Schwestern beizubringen, dass Auguste und Opa unbedingt in die grosse Stadt fahren müssten, ohne dass diese dachten, sie seien irr geworden. Denn an Trolle glaubte natürlich keiner von ihnen und schon gar nicht an Botschaften in fremden Sprachen, die niemand verstand. Sie würden behaupten, Auguste hätte einfach ein paar Buchstaben zufällig aneinander gereit. Und in der Tat war dieser Gedanke gar nicht so abwägig. Denn die Handschrift des Trolls war sehr ungelenkig und glich jener einer Erstklässlerin sehr.

Da heute Samstag war, musste Auguste nicht in die Schule. Dafür musste sie aber ordentlich auf dem Hof mithelfen. So blieb ihr nicht viel Zeit um nachzudenken. Schon nach ein paar Minuten, die sie in Opas Zimmer verbracht hatte, wurde sie von der Mutter zum Frühstück gerufen, damit sie bald mit den ihr auferlegten Arbeiten anfangen konnte. Da hatte es der Opa besser. Er war zwar nicht vollkommen von der Arbeit befreit, aber da er schon alt und nicht mehr so stark war, liess man ihn in seinem Tempo arbeiten und hetzte ihn nicht. Er bekam sowieso immer Arbeiten zugeteilt, die nicht dringend waren.

Nach dem Frühstück sollte Auguste Kühehüten gehen. Der Zufall wollte es, dass sie die Kühe heute zu der Wiese in der Nähe des Flüsschens und des Wäldchens führen sollte. Sie nahm den Hofhund mit, denn in der Herde befand sich auch ein Stier und vor dem hatte Auguste grosse Angst. Einmal, dass war letzten Sommer gewesen, hatte sie den Stier nachhause rufen wollen und da war er wütend geworden, hatte sie auf seine Hörner gehoben und in weitem Bogen weggeschleudert. Sie hatte grosses Glück gehabt und sich nicht verletzt und zum Glück war ihr grosser Bruder gerade vorbeigekommen und konnte die Gefahr dämpfen. Jetzt trug der Stier einen Ring und Auguste hatte eine Stange, mit dem sie den Ring packen konnte und sich den Stier vom Leibe halten konnte. Aber mit ihrem jungen Alter war sie viel zu schwach. Da war es gut, dass der Hund sie verteidigte und der Stier ein wenig Respekt vor ihr hatte.

Während sie so beschäftig damit war, auf die Kühe aufzupassen und gebührenden Abstand vom Stier zu halten, sass sie unter einem Baum im Schatten. Plötzlich hörte sie neben sich einige unverständliche Laute. Olaf hatte sie gesehen und war herangeeilt. Er hatte gedacht, sie sei gekommen, um ihm auf die Nachricht zu antworten. Er hatte das Buch von Ulf mitgebracht und sagte nun einige Sätze daraus. Auguste sah ihn mit grossen Augen an. Sie verstand kein Wort, doch sie merkte schnell, dass er ihr freundlich gesinnt war. Olaf merkte schnell, dass Auguste auch die Sprache, die Ulf niedergeschrieben hatte, nicht verstand. Resignierend setzte er sich neben sie in den Schatten des Baumes. Eine Weile sassen sie so beisammen, jeder seinen Gedanken nachsinnend. Dann machte Auguste einen Verständigungsversuch. Sie konnte sich noch schwach an ihre Urgrossmutter erinnern. Diese war taub gewesen. Und wenn man ihr etwas hatte mitteilen wollen, so musste man dies mit Zeichen tun. Da Auguste als kleines Kind oft von ihr gehütet worden war, hatte sie einige Übung mit Zeichensprache. Und sie dachte, was die Urgrossmutter verstanden hatte, würde der Troll vielleicht auch verstehen.

Zögerlich deutete sie auf sich und sagte Auguste. Der Troll schaute sie verwirrt an. Sie wiederholte das ganze und zeigte dann auf den Troll und setzte einen möglichst fragenden Gesichtsausdruck auf. Nach einer Weile hellte sich das Gesicht des Trolls auf und er zeigte auf sich und sagte Olaf, zeigte auf Auguste und sagte Auguste. Beide strahlten vor Freude, dass ihnen eine einfache Verständigung gelungen war und sie nun wussten, wie der andere hiess. Auguste nahm einen weiteren Anlauf, zeigte auf sich und streckte 7 Finger in die Höhe. Das war jedoch nicht mehr so unmissverständlich. Konnte doch dies eine Menge bedeuten. Es konnte heissen, ich habe sieben Geschwister, oder ich bin sieben Jahre alt, oder ich wohne im Haus Nummer sieben, sie habe sieben erdbeeren gegessen oder vieles mehr. So verstand Olaf auch nicht auf Anhieb, was Auguste ihm sagen wollte und antwortete nicht. So sassen sie wieder eine Weile nebeneinander, bis sich der Abend näherte. Nun musste Auguste die Kühe zusammentreiben, um rechtzeitig zum Melken auf den Hof zurückzukehren. Sie verabschiedete sich von Olaf, in dem sie ihm mit Zeichen bedeutete, dass sie gehen müsse. Er verstand und half ihr sogar die Kühe zusammenzutreiben. Ein Stückchen begleitete er sie noch schweigend und dann verabschiedete er sich von Ihr und ging zurück in Richtung seiner Hütte.

Dieser ersten harmonischen Begegnung zwischen Olaf und Auguste sollten noch viele weitere folgen. Zusammen würden sie viel erleben. Doch damals wussten weder Auguste noch Olaf dies. Ein wenig traurig, dass sie sich nicht besser hatten verständigen können, kehrte Auguste heim. In ihr reifte der Entschluss, dass es extrem wichtig war, in die Stadt zu fahren, um herauszufinden, in welcher Sprache sie mit Olaf reden könne. Vielleicht gibt es ja sogar ein Wörterbuch seiner Sprache und die Kommunikation würde viel einfacher fallen.

Bevor sie ins Bett ging, schlich sie sich nocheinmal zu Opa ins Zimmer und berichtete ihm von ihrer Begegnung mit Olaf heute. Opa horchte auf und holte seinen Notizzettel. Und tatsächlich, eines der von ihm aufgeschriebenen Wörte war tatsächlich Olaf. Vielleicht würde es ihm jetzt gelingen die Aussage zu übersetzen? Voller Hoffnung ging Auguste zu Bett. Sie war erfüllt von der wagen Ahnung kommender Abenteuer, die sie mit Opa und/ oder Olaf erleben würde. Was würde der nächste Tag bringen?

Sonntag, 4. Mai 2008

Kapitel 6: Olafs Urgrossvater sei Dank

Während die beiden Trolle ihr Nachmittagsmal eingenommen hatten, hatte Olaf seiner Frau von den seltsamen Menschen erzählt, die gestern vorbeigekommen waren und dass er sie heute wieder gesehen hätte. Sie würden auf einem Baum unweit der Lichtung sitzen und das Haus beobachten. Asha bekam es ein wenig mit der Angst zu tun, denn es war ihr nicht ganz geheuer, dass sie die ganze Zeit beobachtet worden sein sollte, ohne etwa bemerkt zu haben. Aber Olaf meinte, dass wenn diese zwei Menschen ihnen etwas hätten machen wollen, dann hätten sie es bestimmt schon getan. Weil Gelegenheit hätten sie mittlerweile genug dafür gehabt. Vielmehr schienen die zwei ihnen etwas sagen zu wollen. Leider bestand jedoch zwischen ihnen ein Verständigungsproblem. Auf dem Weg in die Stadt hatte er überlegt, und es war ihm eingefallen, dass sein Grossvater ihm von einer Begegnung mit Menschen erzählt hatte, die sein Urgrossvater gehabt hatte. Der Urgrossvater, dessen Namen Ulf gewesen war, hatte sich eines Tages bei der Jagdt verletzt und schaffte es nicht mehr aus eigener Kraft nach Hause zu kommen. Erschöpft war er auf eine Waldlichtung liegengeblieben und bewusstlos geworden. Als er wieder zu sich kam, befand er sich in einem kleinen Häuschen, nicht unähnlich dem, welches Olaf und Asha bewohnten, und sah ein altes Frauchen, welches sich gerade sorgenvoll über ihn beugte. Sie sprach zu ihm. Er verstand sie nicht. Aber er merkte intuitiv, dass sie ihn gesundpflegen würde. Es ging jedoch einige Monate, bis er wieder selbstständig jagen konnte. Und während der ganzen Zeit hatte er bei dem alten Frauchen gewohnt. Nach einer Weile begannen sich die beiden langsam zu ferstehen. Ulf hatte herausbekommen, wie das Frauchen hiess und sie wusste ebenfalls, dass er Ulf hiess. Von Tag zu Tag lernte Ulf mehr von der Sprache der Menschen. Als er wieder gesund war, hatte er alles in ein kleines Büchlein niedergeschrieben. Dieses Büchlein war dann weitervererbt worden und war nun in Olafs Besitz. Olaf holte es hervor. Ulf hatte nicht gewusst, wie man die Sprache der Menschen, bei denen er war richtig schrieb und hatte alles dem Gehör nach aufgeschrieben. Freudig schrieb Olaf nun ein paar Wörter aus diesem Büchlein ab. Was er jedoch nicht wusste, war dass die Menschen nicht nur eine Sprache sprachen, sondern dass es ganz verschiedene Sprachen gab. Deshalb ging er voller Freude und Zuversicht mit einem Zettel auf dem folgendes stand zum Hof von Auguste.
"Jeg og min kone er troller. Jeg er Olaf, hun heder Asha. Vi will gerne vide, hvad i will fra os." (Ich und meine Frau sind Trolle. Ich bin Olaf und sie heisst Asha. Wir würden gerne wissen, was ihr von uns wollt.) Diesen Zettel hängte er bei Einbruch der Dunkelheit an Augustes Fenster. Sie würde die Nachricht wohl erst am nächsten Morgen sehen. Aber Olaf freute sich schon jetzt, dass sein Urgrossvater so fleissig gewesen war und die Sprache der Menschen aufgeschrieben hatte und dass er das Buch so sorgfälltig aufbewahrt hatte. Denn er hatte es schon ein paarmal auf seinen Reisen fast als überflüssigen Balast entsorgt, hatte sich aber jedesmal wieder umbesonnen. Nun würde ihm dies zugute kommen.

Kapitel 5: Die Zündende Idee

Am nächsten Morgen wachte der Troll früh auf und dachte nocheinmal über die seltsame Begegnung vom Vortag nach. Was war gestern nur in ihn gefahren? Wieso war er diesen seltsamen Leuten auf ihren Hof gefolgt? Er wusste ja immer noch nicht, ob sie ihm freundlich gesinnt waren, oder nicht. Hätten sie ihn entdeckt hätten sie wer weiss was mit ihm machen können. Nochmal dort hinzugehen, um ihm die geschuldete Antwort zu holen, schien ihm zum einen äusserst riskant und zum anderen war ja seine Frau unversehrt Zuhause und er brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen. Er beschloss also, das ganze auf sich ruhen zu lassen und nicht mehr daran zu denken.

Etwa gleichzeitig wachte Auguste auf. Sie hatte eine unruhige Nacht hinter sich. Denn sie war die ganze Zeit von der Angst geplagt gewesen, dieses unsichtbare Wesen könne zurückkommen und sie verzaubern. Deshalb vergewisserte sie sich auch, dass sie keine unheimlichen Geräusche hörte, bevor sie aufstand. Dann eilte sie zu ihrem Opa und sie beschlossen, dass sie wegen dem unsichtbaren Wesen vorläufig nichts machen konnten, da sie absolut keinen Verständigungsschlüssel hatten. Sie wollten aber nicht untätig herumsitzen, sondern wollten versuchen, sich irgendwie mit den Trollen zu verständigen. Da Auguste zur Schule musste, hatten sie nicht viel Zeit, Pläne auszuhecken, aber der Opa versprach ihr, dass er sich während des ganzen Vormittages Gedanken machen würde.

Auguste konnte sich während der Schule nicht konzentrieren. Die ganze Zeit schielte sie zur grossen Wanduhr, deren Zeiger sich langsam in Richtung 1.00 Uhr vorschob. Dann würde der Unterricht endlich fertig sein. Doch für Auguste verging die Zeit viel zu langsam. Der Lehrer erzählte mit ernster Miene etwas und stellte auch Fragen an die Schüler. Um was es ging hatte Auguste allerdings nicht mitbekommen, da ihre Gedanken ganz wo anders waren. Kaum klingelte die Schulglocke, war sie auch schon aufgesprungen, hatte ihre Sachen gepackt und rauschte mit fliegenden Zöpfen aus dem Klassenzimmer.

Vor dem Haus des Lehrers wartete bereits der Opa auf sie, der sich wie versprochen den ganzen Morgen gedanken gemacht hatte. Er war ausserdem ins nächst grössere Nachbardorf geritten, wo es eine Bibliothek gab, und hatte dort geschaut, ob er ein Buch über Trollsprache finden konnte. Doch leider waren alle seine Bemühungen erfolglos gewesen. Um Auguste nicht zu enttäuschen, tat er jedoch so, als ob er einen Plan habe. Gemeinsam gingen sie wieder ins Wäldchen und er benahm sich geheimnisvoll. Auguste vertraute ihm voll und ganz und hörte auf, ihn auszufragen, nachdem der Opa ihr versichert hatte, dass sie schon sehen werde.

Doch da der Opa auch nicht recht wusste, was sie machen sollten, beschloss er, dass sie sich zusammen in der Nähe des Häuschens verstecken sollten und die Trolle einfach nur beobachten würden. Vielleicht würden sie so eine Möglichkeit finden, sich mit ihnen zu verständigen. Er hatte sicherheitshalber sein Jagdtfernglas mitgenommen. Damit konnte man auch aus grosser Entfernung genau sehen, was sich vor dem Häuschen und auch zum Teil hinter den Fenstern abspielte. Auguste war vom Plan ihres Opas begeistert. Sie schlug vor, dass sie doch am besten auf einen Baum klettern sollten, von dem sie ganz unbemerkt alles wahrnehmen konnten, was um sie herum vorging.

Gesagt, getan. Zwar hatte der Opa etwas Mühe, auf den Baum zu kommen, aber seiner kleinen Enkelin zu Liebe strengte er sich tüchtig an und schaffte es bis auf den untersten Ast eines alten Baumes, welcher weit ausladend eine hervoragende Sitzfläche bot. Zuerst sassen sie einfach dort und es geschah nicht wirklich viel. Aber der Opa hatte auch daran gedacht und zum Zeitvertreib ein paar Hasenbrote (belegte Brote mit Käse und Metwurst) mitgebracht. Auf diese stürzte sich Auguste hungrig. Denn seit dem Frühstückessen hatte sie nichts mehr gegessen. Und als die beiden gemütlich am kauen waren, bewegte sich endlich etwas beim Trollhäuschen. Die Trollfrau kam mit einem grossen Topf voller Heidelbeeren aus dem Haus. Diesen hängte sie über eine Feuerstelle und begann die Beeren zusammen mit Wasser aufzukochen. Sie rührte und rührte, bis es einen schönen Brei gab. Dann liess sie das Feuer ausgehen und setzte sich in die Sonne. Etwa eine halbe Stunde später kam das Trollmännchen nach Hause. Es schleppte einen grossen, vollgestopften Rucksack. Die Frau begrüsste ihn stürmisch. "Hei Olaf, kya sheher se lehte hai?" (Hallo Olaf, was hast du aus der Stadt mitgebracht?). Und dann begann Olaf den Rucksack auszupacken. Im Rucksack befanden sich unter anderem eine Kanne Milch und ein Leib Brot. Beides legte er auf das kleine Tischchen vor dem Haus. Asha, seine Frau eilte in das Häuschen und kam mit zwei Suppentellern und Löffeln heraus. In der Zwischenzeit hatte Olaf den Kessel über dem Feuer entdeckt und ebenfalls zum Tisch geschleppt. Zusammen nahmen die beiden ein köstliches Mahl mit Beerenmus, Suppe und Brot ein und schienen sehr zufrieden dabei.

Opa und Auguste konnten nicht verstehen, was die beiden sprachen. Sie hatten aber den Ausruf von Asha gehört, als diese jenen begrüsste. Der Opa hatte sofort alle Wörter aufgeschreiben. Er hatte nun eine Liste, auf der sieben Wörter standen. Nämlich: "HAI, OLAF, KIA, SCHEHER, SSE, LEHTE, HÄ". Da es schon später Nachmittag war, beschlossen Opa und Auguste sich mit ihrer Beute zurückzuziehen. Denn Auguste hatte noch Hausaufgaben und Hofarbeiten zu erledigen und wenn der Opa nicht bald zurückkommen würde, gäbe es womöglich noch unbequeme Fragen.

Während Auguste ihren Pflichten nachging, brühtete der Opa über den sieben Wörtern. Er hatte noch nie eine ähnliche Sprache gehört. Aus der Situation heraus, in der sie die Worte gehört hatten, musste es sich wohl um eine Begrüssung gehandelt haben. Dann war wohl eines der Wörter ein Name, doch welches nur? Er beschloss am nächsten Tag noch einmal zur Bibliothek zu reiten und in einem Namensbuch nachzuschauen. Wenn er Glück hatte, würde sich eines der Wörter als Name erweisen. Stolz über seine gute Idee, suchte er Auguste auf, die gerade dabei war im Hühnerstall aufzuräumen und Eier abzusammeln. Das war eigentlich nicht ihre Aufgabe, aber sie übernahm sie heute von ihrerer Schwester, denn diese hatte ihr gestern beim Abwasch nach dem Nachtessen geholfen. Als sie Opas Einfall hörte, freute sie sich darüber, dass sie so einen klugen Opa hatte. Sie zweifelte jedoch insgeheim daran, dass in einem Namensbuch von Menschen auch Trollnamen zu finden waren. Doch wie sagt man so schön, "die Hoffnung stirbt zuletzt" und da Auguste keine andere Idee hatte, wie sie sich der Sprache der Trolle nähern konnten, hielt sie sich an diesem dünnen Faden der Hoffnung fest. Denn jetzt hatte sie die Trolle schon beinahe vor einer Woche das erste Mal gesehen und sie brannt förmlich darauf, sich endlich mit ihnen zu verständigen.