Donnerstag, 25. Juni 2009

Fiebernacht

Der Schweiss fliest ihr aus allen Poren. Sie liegt im Bett und hat sich gut zugedeckt. Denn schliesslich möchte sie das mühsame Fieber so schnell wie möglich loswerden. Schon seit Tagen fesselt sie diese Krankheit ans Bett. Und eigentlich hat sie doch gar keine Zeit dazu. Es ist 1:24 in der Nacht. Alles schläft. Das Haus ist still. Sie hat Hunger. Doch leider kann sie sich nichts zuessen machen, denn die Sicherung ist rausgefallen und sie hat keine Ersatzsicherung. Also nimmt sie den Computer und hofft, dass jemand online ist. Doch nichts. Niemand ist da. Weder auf skype noch auf facebook oder im gmailchat trifft sie jemanden zum schwatzen.
Plötzlich fühlt sie sich so einsam. Sie hat das Verlangen nach Nähe. Doch niemand ist da. Und sie kann auch niemanden anrufen. Um diese Zeit würden sie alle für Verrückt halten, oder sich sorgen machen. Der Schweiss tropft ihr von der Stirn. Mühsam wischt sie ihn sich weg. Wieviel Schweiss in so einem kleinen Körper stecken kann? Ihr war vorher nicht bewusst gewesen, wie stark ihr Körper reagieren kann. Und wie sehr sie auf ihren Körper angewiesen ist. Eigentlich hatte sie arbeiten wollen. Aber mit dem leichten Schwindelgefühl, das sie seit Tagen mit sich herumschleppt und den tränenden Augen ist konzentriertes Arbeiten unmöglich. Die Uhr auf dem Nachtisch tickt erbarmungslos. Schon ist es 1:28 und noch immer fühlt sie sich nicht müde. Sie würde gerne schlafen und morgen ausgeruht in den Tag schlafen. Aber nach so viel Schlaf kann der Geist irgendwann nicht mehr schlafen.
Sie fühlt sich wie eine Gefangene in ihren eigenen vier Wänden. Niemand hat sie eingesperrt und trotzdem kann sie ihrem Gefängnis nicht entrinnen! Es gibt keine Flucht, es gibt nur ein Bleiben. 1:29 Die Zeit schleicht weiter. Wie lange es wohl noch bis zum Morgengrauen dauert? Sie überlegt. Das sind mindestens noch drei Stunden. Sie hofft, dass sie bis dann wieder schläft.

Doch die chancen dazu sind klein. Soeben hat sie ein Email einer Freundin gelesen. Diese war 5 Monate in Indien und hat einen super Report darüber geschrieben. Sie beneidet die Fähigkeit ihrer Freundin etwas. Wie schafft sie es nur, in so kurzer Zeit so etwas gutes zu machen, was sie in einem ganzen Jahr nicht geschafft hat? Und sowieso, die Freundin scheint ihr Leben zu geniessen. Gerade war sie erst in Indien, jetzt ist sie schon wieder in der USA. Die im Bett liegende wird vom Fernweh gepackt. Sie möchte weg, die Weltentdecken und auch davon leben können. Was braucht sie denn schon im Leben? Sie hält inne, aber verzichten wollte sie trotzdem nicht. Nein auf die Katze könnte sie nicht verzichten, auf den Computer auch nicht und nein schon gar nicht auf die Schuhe und Kleider und vorallem nicht auf die vielen Bücher, die sie in ihrer Wohnung angehäuft hat. Ja, ihre Freundin ist frei von all diesem Balast und kann sich auch frei bewegen. Aber die Fieberkranke wollte ihr sicheres Leben doch nicht gegen das unsichere ihrer Freundin tauschen. Nur in Gedanken. Ja in Gedanken, da konnte man die Freundin für all die positiven Seiten ihres Lebens bewundern und die negativen Seiten im Schatten stehen lassen. Wer interessiert sich schon dafür. Negative Seiten hat das eigene Leben zu genüge. Warum soll man sich mit negativen Seiten anderer Leben beschäftigen? Sie verliert sich in Gedanken. 1:35 Oh, die Zeit verstreicht. Eben noch fühlte sie sich in ihren vier Wänden eingesperrt. Nun geniesst sie die Vertrautheit des Zimmers und die kuschelige Bettdecke. Vielleicht sollte sie einfach ein Baldrian nehmen und versuchen zu schlafen? Morgen würde bestimmt alles ganz anders ausschauen. Und das Fieber ist dann vielleicht auch verschwunden.

Freitag, 27. März 2009

Kapitel 31: Der Weihnachtsbaum

Und da kam Opa die zündende Idee. Er war es jedes Jahr, der den Weihnachtsbaum besorgen musste, denn der Vater weigerte sich dazu. Um einen guten Weihnachtsbaum zu finden, musste er schon früh morgens mit dem Schlitten aufbrechen und in den tiefen Wald marschieren um zu schauen, welcher Baum sich am besten für die Feierlichkeiten eignen würde.

Dieses Jahr beschloss er, Auguste mitzunehmen. Denn alleine war es schwierig einen Baum nach Hause zu transportieren und die anderen waren nicht von der Hofarbeit zu befreien. Und ausserdem wollte er die Zeit nutzen, um mit Auguste einen Besuch bei Olaf zu machen. Als er Auguste von diesem Plan erzählte, war sie total begeistert. Wie würde Olaf sich freuen, wenn sie plötzlich bei ihm vorbeikämen? Sie konnte es kaum erwarten, bis endlich der 23.12. war, so dass sie endlich los konnten. Harry durfte natürlich auf mit. Und damit man seine Spuren im Schnee nicht sah, sollte er sich auf den noch leeren Schlitten setzten.

Alles war bis ins kleinste Detaill geplant. Nur etwas konnten sie nicht planen. Wie sollten sie Olaf finden? Zwar hatter er ihnen ungefähr beschrieben, wo er jetzt lebte, aber sie waren noch nie bei ihm gewesen und im Winter war alles zugeschneit und es war extrem schwierig eine kleine Hütte, die vielleicht zugeschneit war, zu finden!

Aber sie gaben die Hoffnung nicht auf. Am morgen des 23. Dezember, es war noch dunkel draussen, standen Auguste und Opa früher auf, als alle anderen. Sie assen tüchtig Frühstück und schmierten sich Brote für unterwegs. Sie würden nicht vor Abend zurück kehren und mussten so genügend Proviant mitnehmen. Auch zwei Thermoskannen mit Tee wurden gefüllt. Es war unter Null draussen. Deshalb hüllten sich beide in die wärmsten Kleider die sie finden konnten. Nur Harry stellte ein Problem dar. Er selbst hatte keine so warmen Kleider. Und würde man ihm eine warme Jacke von einem Hofbewohner geben, so sähe das doch sehr seltsam aus, wenn eine unbenutzte Jacke einfach über dem Schlitten schweben würde. Nach einigen Überlegungen einigten sie sich darauf, dass Harry, bis sie ausser Sichtweite des Hofes waren, unter Austes Mantel schlüpfen würde.

Alles war parat und es konnte losgehen. Die anderen Hausbewohner waren nun auch schon auf den Beinen und sie wünschten ihnen noch Glück bei der Weihnachtsbaumsuche und fragten, was sie denn zum Abendessen haben wollten, man würde es ihnen auf die Seite stellen, wenn es später werden sollte. Als alles besprochen war, verliessen Opa und Auguste mit Harry winkend den Hof.

Es war bitter kalt draussen und Auguste fiel nach einer Weile das Atmen und auch das Laufen schwer. Opa bat ihr an, sich auf den Schlitten zu setzten, doch das wollte sie nicht. Opa war schon ein alter Mann und war auch nicht mehr ganz bei Kräften. Da würde sie sich schämen, als junges, starkes Mädchen, sich von einem Greis ziehen zu lassen. Also hielt sie tapfer durch.

Nach etwa einer Stunde Fussmarsch durch den tiefen Schnee, machten die beiden eine Verschnaufspause. Weit waren sie noch nicht gekommen, denn in dem Meterhohen Schnee war das fortkommen beschwerlich. Um möglichst Kräfte zu sparen, beschlossen sie, dass sie Olaf besuchen würden, bevor sie den Baum fällen wollten. Olaf könnte ihnen ja dann vielleicht dabei helfen. Doch wie sollten sie nun Olaf finden? Sie hatten keine Ahnung, wo sie jetzt hingehen sollten. Sie wussten, dass er irgendwo in dieser Gegend wohnen musst, doch wo genau, ja das war ein Rätsel. Optimistisch versuchte es Auguste damit, ihn zu rufen: " Olaf! Wo bist Du? Auguste und Opa sind hier, um dich zu besuchen! Komm uns doch abholen, wir kennen den Weg nicht." Nichts rührte sich. Sie versuchten es erneut. Diesmal zu dritt: "Olaf! Olaf! Oooooolaf! Wo bist Du?" Doch es rührte sich immer noch nichts.

Nachdem sie ein Weilchen gewartet hatten, beschlossen sie, einmal auzuprobieren, ob sie ihn nicht doch einfach zufuss finden konnten. Sie marschierten, etwas langsamer und wengiger zielgerichtet, aber immer noch hoffnungsvoll los.

Kapitel 30: Weihnachten naht

Und während sie noch studierten, wie sie einen Weg finden konnten, den Hof unbemerkt und ohne mistrauische Fragen, zu verlassen, stand plötzlich Weihnachten vor der Tür. Die Langeweile verflog, denn nun hiess es vorbereiten. Plätzchen und Kekse mussten gebacken werden, Weihnachtsdekorationen gebastelt werden und das ganze Haus musste auf Vordermann gebracht werden. Schliesslich sollte es glänzen, wenn an Heiligabend die Verwandten auf Besuchkommen würden. Und den Weihnachtsmann wollte man ja schliesslich gebührend empfangen.
Auguste freute sich schon riesig auf Weihnachten. Zwar gab es bei ihr nicht so viele Geschenke, wie dies heutzutage bei den meisten Kindern der Fall ist, aber Weihnachten war trotzdem herrlich. Sie freute sich jetzt schon auf die Orange, die sie bekommen würde und auch auf die Tafel Schokolade, die höchstwahrscheinlich im Sack des Weihnachtsmann auf sie warten würde. Und sicher würde sie auch dieses Jahr wieder Wollsocken von einer Tante bekommen und wenn sie Glück hatte, würde sie ein schönes Buch bekommen. Oder vielleicht doch etwas zum Anziehen? Sie brauchte wiedereinmal einen schönen Wintermantel. Aber eigentlich war es ihr egal, wie sie herumlief, ein Buch wäre bei ihr mehr willkommen, denn damit konnte man etwas anfangen. Aber sie wusste, dass sie sich nicht allzu grosse Hoffnung auf ein Buch machen konnte, denn ihr Vater hielt nicht viel von lesenden Mädchen. Er meinte, eine Frau müsse Handarbeiten beherrschen und den Haushalt machen können und dann von ihm aus noch ein paar Geschichten kennen, die sie den Kindern erzählen könnte. Auf keinen Fall sollte sie aber gelehrt sein und mehr wissen, als ein Mann. Er selbst hatte die Volksschule gerade mal abgeschlossen, hatte aber die Aufnahmeprüfung für die Agrarfachschule nicht bestanden. Im Laufe seines Lebens hatte er seinen Hof und seine Familie auch ohne grosse Bildung durchbringen können, weshalb er Bildung, so lange sie nichts mit Bibel, Gott und der Kirche zu tun hatte, für unnötig hielt. Hatte die Bildung aber etwas mit der Religion zu tun, so war er hell begeistert davon. Er versuchte immer, seine älteren Töchter und seine Frau für den Gebetsverein zu begeistern. Er selbst war ein treues Mitglied. Die Frauen des Hauses nahmen zwar auch oft an den Treffen der Gromadki (Gebetsverein) teil, aber sie folgten den Predigten nicht ganz so mit Inbrust, wie der Vater. Sie waren eher etwas dem weltlichen zugetan.
So entbrannte auch jedes Jahr um Weihnachten erneut ein Streit zwischen der Mutter und dem Vater. Die Mutter wollte für das Weihnachtsfest einen geschmückten Tannenbaum in die gute Stube stellen, der Vater wollte von diesem heidnischen Brauch nichts wissen. Er meinte, sie könne zur Dekoration ja ein paar Tannenäste hinlegen, aber das ganze gebastel und die ganzen Girlanden und sowieso der Baum mit den Kerzen und Äpfeln sei überflüssig.

Bis jetzt hatte sich bei diesem alljährlich wiederkommenden Streit die Mutter immer durchgesetzt. Doch der Vater weigerte sich ab diesem Moment jedes Jahr sich in irgend einer Form an den Weihnachtsvorbereitungen zu beteiligen. Doch das störte die Frauen und den Opa nicht, denn so konnten sie ohne ständiges gemecker irgendetwas was sie taten seie unchristlich, die Vorbereitungen richtig geniessen.

Nun war der 3. Advent herangekommen und die Vorbereitungen gingen langsam ins Endstadium über. Eigentlich war alles schon parat nur der umstrittene Baum fehlte noch.

Montag, 23. Februar 2009

Kapitel 29: Wie im Fluge

Die Wochen flogen nur so dahin. Auguste hatte viel zu tun. Morgens hatte sie Schule, nachmittags ging sie zur Nachhilfe zum Lehrer und abends musste sie vor dem Abendessen noch ihre Arbeiten auf dem Bauernhof erledigen. Dabei halfen ihr Harry und Opa so gut es ging. Um Olaf zu besuchen hatte sie einfach noch keine Zeit gehabt. Mit seinem Unsichtbarstein kam er ab und zu zu besuch und sie machten zusammen mit ihm in Opas Kammer Sprachunterricht. Für Auguste gab es keine Freizeit mehr. Ohne dass sie es merkte ging der Sommer vorüber und der Winter begann. Nicht irgendein Winter, nein ein besonders harter Winter. In Masuren sind alle Winter hart, aber dieser schien besonders hart zu werden. Schon im Oktober kam der erste Schnee und nicht einfach ein wenig Schnee sondern gleich ein ganzer Meter. Es wurde immer schwieriger für Auguste in die Schule zu gehen und auch wieder nach Hause zu kommen. Morgens wurde sie im Pferdeschlitten gefahren. Aber abends musste sie alleine zurücklaufen, da der Pferdeschlitten schon Mittags von den Besorgungen in der Stadt oder von anderen Angelegenheiten zurückfuhr, da auf dem Hof trotzdem noch viel Arbeit war. Deshalb beschloss der Lehrer, dass ihre Nachhilfe beendet sei und dass sie genug gelernt hätte um beim Unterricht folgen zu können. Dies war sogar noch untertrieben. In den letzten paar Monaten hatte sie so viel gelernt, dass sie schon fast eine Klasse hätte überspringen können. Durch die gestrichene Nachhilfe konnte Auguste mittags mit dem Schlitten zurückfahren und hatte nun plötzlich viel Zeit am Nachmittag. Doch vom Hof weg konnte sie nicht. Denn durch den hohen Schnee sah man überall ihre Spuren. Und man hätte auch Spuren von kommenden Menschen oder Wesen gesehen. Deshalb konnte auch Olaf nicht auf Besuch kommen.

Es war eine verzwickte Situation. Obwohl sie jetzt Zeit gehabt hätte, konnte Auguste Olaf nicht besuchen. Stattdessen sass sie mit Opa und Harry bei heissem Tee in der Stube und sie vertrieben sich die Zeit mit Spielchen und Rätseln. Immer wenn jemand hereinkam, verhielt sich Harry muksmäuschenstill, so dass ihn niemand bemerkte.

Doch sowohl für Opa, als auch für Auguste war diese Situation unaushaltbar. Es musste sich etwas ändern. Der Drang Olaf zu besuchen wurde immer grösser. Doch ihnen fiel einfach nicht ein, wie sie das anstellen sollten.

Sonntag, 15. Februar 2009

Kapitel 28: Der Alltag beginnt

Beim Träumen blieb es allerdings. Denn bevor Auguste noch mehr sagen konnte, kam Augustes Mutter angelaufen. "Auguste! Wo bleibst Du denn? Du solltest schon lange ins Bett! Morgen musst Du wieder in die Schule! Der Lehrer wird Dich sicher rannehmen. Er ist im Sommer einmal vorbei gekommen und meinte, dass er Dich nicht in die nächste Klasse aufstegenlassen wollte. Ich konnte Ihn nur mit Mühe überreden. Jetzt musst Du ihm aber auch beweisen, dass Du wirklich so klug und fleissig bist, wie ich ihm gesagt habe. Du wirst einen Monat Zeit haben, um den verpassten Stoff aufzuholen. Und Deine Aufgaben auf dem Hof musst Du auch ausüben. Deine Schwestern wollen nicht länger zuschauen, dass Du als einzige fast nichts tun musst. Sie meinten, wenn Du gross genug bist, um in die Weite Welt zu reisen, dann bist Du auch gross genug um zu arbeiten." Auguste schaute die Mutter verwundert an. Von was sprach diese Frau? Ja die Schule, ach ja, daran hatte Auguste nicht mehr gedacht. Und arbeiten? Was für Arbeit denn?

Die Mutter drehte sich um und Auguste folgte ihr mit hängendem Kopf. Schnell winkte sie Olaf zu, der mitlerweile wieder unsichtbar war und gab Harry beim vorbeigehen einen Zwick, damit er auch mitkommen sollte. Die Mutter bemerkte beides und schaute verwundert ein paar mal um sich herum. Dann fragte sie Auguste, wem sie denn zugewunken hätte. Auguste überlegte kurz und sagte dann: "Ich habe meiner Kindheut zum Abschied gewunken." Da war die Mutter baff. "Wieso denn Deiner Kindheit?" Du bist doch schon lange in der Schule und dir war doch schon lange klar, dass Du nicht ewig nur herumspielen kannst."- "Ja, aber du hast gefragt, drum habe ich geantwortet." erwiederte Auguste. Sie plauderten noch eine Weile weiter, denn die Mutter schien doch etwas schockiert zu sein, dass ihre jüngste Tochter so plötzlich von ihrer Kindheit abschied zu nehmen schien, welcher sie doch schon spätestens mit ihrer grossen Reise entflohen war. Und es bedrückte sie auch, dass ihre Tochter dies so klar sagen konnte. Sie selbst hatte den Übergang von der Kindheit ins Jugendlichenalter und schliesslich ins Erwachsenendasein gar nicht bemerkt. Es war einfach gekommen. Und ohne dass sie etwas überlegt hatte, war sie immer wieder langsam in einer neuen Lebensphase gewesen. Jaja, ihre Tochter schien viel mehr ein Kopfmensch zu sein. Sie hatte wohl recht gehabt sie zu verteidigen und den Entschluss gefasst zu haben, für die Bildung ihrer jüngsten Tochter zu kämpfen. Zur Nacht küsste sie ihre Tochter auf die Stirn und sagte ihr, dass sie morgen pünklich an die Tür klopfen würde.

Auguste lag in ihrem Bett und konnte nicht einschlafen. Morgen würde sie ihre Schulkameraden wieder sehen und den Lehrer auch. Und warum hatte sich ihre Mutter so für sie eingesetzt und den Lehrer überredet, ihr eine Chance zu geben? Sie durfte ihre Mutter nicht enttäuschen.

Am nächsten morgen wurde sie durch das Klopfen ihrer Mutter geweckt. Sofort war sie hellwach sprang auf und machte sich in Windeseile bereit. Gierig schlang sie das Frühstück herunter, gab Harry einen kurzen von anderen unbemerkten Knuff, griff nach ihrem Ranzen und eilte los. Fröhlich singend hüpfte sie entlang ihres alten Schulweges. Vorbei an dem kleinen Wäldchen über das Brückchen über den kleinen Bach und hinein ins Dorf. Sie schaute auf die Kirchenuhr. Sie war viel zu früh. Also beschloss sie, noch schnell in die Kirche zu gehen. Dort war sie ja auch schon lange nicht mehr gewesen. Dann, nach einem kurzen Dankesgebet, dass sie unbeschadet von der Reise zurückgekommen war, macht sie sich auf zum Lehrer. Da das Klassenzimmer noch nicht geöffnet war, klopfte sie an der Wohnungstür des Lehrers. Er öffnete ihr erfreut und bat sie herein. Zuerst fragte er sie bis ins kleinste Detail über die Reise und über Berlin aus. Er selbst war noch nie dort gewesen und war deshalb besonders neugierig. Gespannt hörte er ihren Erzählungen zu sah dann auf die Uhr und unterbrach sie. "Kannst Du nicht nach der Schule nocheinmal zu mir kommen und mir alles weitererzählen? Dann kann ich Dir auch helfen, den verpassten Schulstoff nachzuholen. Aber jetzt müssen wir gehen."

Im Unterricht gab sich Auguste alle erdenkliche Mühe, zu fogen und konzentriert mitzuarbeiten. Aber es wollte ihr nicht so recht gelingen. Immer wieder dachte sie an Olaf, Harry, den Stein und natürlich an ihre Reise. Dieses kleine schäbige Schulzimmer und dieser verstaubte Lehrer kamen ihr so unreal und unwichtig vor, dass sie am liebsten davon gelaufen wäre. Was konnte ihr schon ein Mann erzählen, der noch nie weiter weg gewesen war, als in der Bezirkshauptstadt? Nicht einmal in Olsztyn /Allenstein wer er schon gewesen. Das hatte er ihr soeben verraten. Und die Sagen der Germanen kannte er auch nicht. Das hatte sie auch gemerkt, als sie bei ihren Erzählungen von einer dieser Sagenfiguren erzählt hatte, um die Erläuterungen des Professors von Berlin etwas auszuschmücken. Dieser Mann würde sie nicht weiterbringen.

Während dieser vier Unterrrichtstunden fasste Auguste einen Entschluss für ihr Leben. Sie würde so schnell wie möglich das gesammte Wissen des Lehrers aufsaugen, damit sie so schnell wie möglich in die Provinzhauptstadt an eine weiterführende Schule könnte. Dort würde sie vielleicht auch wirklich interessante Dinge lernen können.

Nach dem Unterricht ging sie mit dem Lehrer in die Wohnung und wurde gleich zum Mittagessen eingeladen. Sie unterhielten sich und der Lehrer begann auch gleich mit dem Nachhilfe Unterricht. Draussen begann es schon zu dämmern. Auguste wurde langsam unruhig, denn sie wollte nach Hause. Das merkte der Lehrer. Trotz der vorgerückten Stunde gab er ihr viele Hausaufgaben mit. Unter der Last der Bücher konnte Auguste den Heimweg nicht wie gewohnt zurückhüpfen, sondern sie schleppte sich mühsam ab.

So vor sich hinkeuchend merkte sie, wie ihre Bücher plötzlich leichter wurden. Zwar sah sie niemanden aber intuitiv wusste sie, dass Olaf ihr half. Erfreut begrüsste sie ihn. Er blieb unsichtbar, doch gab sich durch eine Antwort zu erkennen. Sie plauderten so gut es ging und er lud sie für Sonntag Nachmittag zum Kaffetrinken zu sich in die Hütte ein. Auguste freute sich, sagte ihm aber auch, dass es wahrscheinlich schwierig werden würde. Denn Sonntagvormittag gingen sie mit der ganzen Familie in die Kirche, wo sich das ganze Dorf traf. Das hiess, dass es nach der Kirche noch ein wildes Geschnatter gab und wenn sich die Leute langsam vertstreuten, dann hiess es noch Kaffetrinken auf dem Hof. Meist kam noch Besuch und dann würde es besonders schwierig werden, sich davon zu schleichen. Aber sie versprach, dass sie sich alle Mühe geben würde.

Sie plauderten weiter und weiter, bis sie am Hof ankamen. Olaf verabschiedete sich und Auguste bog in den Hof ab, wo sie schon von ihrer grossen Schwester Henriette erwartet wurde, welche ihr mitteilte, dass sie ihre gesammte Arbeit für heute noch nicht er ledigt hätte! "Welche Arbeit?" fragte Auguste? Ihr war zwar mitgeteilt worden, dass sie mehr mit anpacken sollte, aber konkret hatte sich noch niemand geäussert. Das merkte jetzt auch Henriette und darum beschloss sie mit Auguste vor dem Arbeitsessen noch einen genauen Arbeitsplan auszuarbeiten.

Montag, 9. Februar 2009

Kapitel 27: Der Stein

Plötzlich kitzelte etwas an Augustes Schienbein. Und dann zog etwa in Richtung hinter dem Haus. Zuerst wollte Auguste ausrufen, dass Harry doch den Blödsinn seinlassen solle. Doch bei einem kurzen Seitenblick auf Harry, bemerkte sie, dass dieser ganz unbeteiligt neben ihr sass und in die Luft starrte. Auguste stockte. Wenn es Harry nicht war, wer war es dann, der da gerade wild an ihrer Socke zog? Sie beschloss, Harry nichts mitzuteilen und sagte so beiläufig wie möglich, dass sie einmal schnell auf Toilette müsste und dass sie in etwa 5 Minuten zurückkommen würde. Diese Zeitangabe machte sie, da sie ja nicht wusste, auf was sie sich einlassen würde. Wenn etwas nicht stimmen würde, käme Harry sie sicher nach spätestens einer viertel Stunde suchen.
Sich nichtsanmerken lassen schlenderte sie so unauffällig, dass es schon wieder auffällig war hinters Haus, genau dem unheimlichen Zerren nach. Kaum war sie um die Ecke, stand ihr plötzlich Olaf gegenüber, noch hielt er sich an ihrer Socke fest, liess aber die Hand schnell fallen, als er Augustes kritischen Blick bemerkte. Dann fielen sich beide in die Arme und begrüssten sich. Auguste erzählte von ihren Erlebnissen und wie froh sie war, Olaf wieder zu sehen. Zwar waren die Sprachschwierigkeiten nicht einfach aus dem Weg geräumt, abe rmit Zeichensprache kann man viel sagen. Und zu Augustes Überraschung hatte Olaf etwas masurisch gelernt und so hätte sich ihre ganze Reise eigentlich erübrigt, wären da nicht all die tollen Erlebnisse gewesen.

Und dann konnte Auguste nicht mehr warten und fragte wo Olaf und seine Frau denn jetzt wohnten und wie er denn so unsichtbar zu ihr gekommen sei. Da verriet Olaf ihr ein Geheimnis. Er zeigte ihr einen kleinen weissen Stein. Sobald er diesen in die Hand nahm, wurde er unsichtbar. Auguste war begeistert. Mit diesem Stein liessen sich viele Dinge unternehmen! Ach wie wunderbar würde doch dies sein! Sofort begann Auguste zu träumen, von kommenden Abenteuern, welche sie mit Hilfe eines solchen Steines unternehmen könnte.

Montag, 2. Februar 2009

Kapitel 26: Warten bis zum Sonnenuntergang

Sobald Auguste es geschafft hatte, sich in ihr Zimmer zurückzuziehen, half sie Harry, sich eine Ecke unter ihrem Bett so wohnlich wie möglich einzurichten. Das ganze musste sehr schnell gehen. Auguste hatte hier kein eigenes Zimmer, sondern teilte es mit ihren grossen Schwestern. Eine von ihnen konnte jederzeit hereinplatzen. Jedesmal wenn sie Schritte auf der Treppe hörte, blieb beiden der Atem stehen, Auguste sprang in windeseile ins Bett und Harry machte einen Köpfler unter das Bett. Als sie diese Übung das dritte Mal durchgezogen hatten, konnte sich Auguste vor lachen kaum noch halten. "Sag mal Harry, warum machst Du das eigentlich? Morgen wirst Du viele blaue Flecken haben. Die anderen können Dich doch sowieso nicht sehen! Du könntest genausogut mitten im Raum stehen, wenn eine meiner Schwestern die Tür öffnen würde, sie hätten keine Ahnung, dass Du vor ihnen stehst." Harry schaute Auguste verdutzt an. Daran hatte er gar nicht gedacht und nun schämte er sich, dass er sich vor dem kleinen Mädchen so blamiert hatte, dass sie schallend über ihn lachte.

Schnell vergass er die Peinlichkeiten und stürzte sich eifrig in die Arbeit. Denn schliesslich ging es ja um sein neues Zuhause. Nach etwa einer halben Stunde mit Unterbrüchen hatten sie es geschafft. Auguste fiel erschöpft ins Bett und Harry verkroch sich in seinem Schlupfwinkel. Und kaum lagen beide, da schliefen sie auch schon fest. So fest, dass keiner von ihnen gewahrte, dass sie diese Nacht mehrmals Besuch erhielten.

Der erste Besuch war Augustes Mutter. Nachdem sie ihre Jüngste so lange nicht mehr gesehen hatte, wollte sie einfach nocheinmal nach ihr schauen. Leise schlich sie ans Bett, strich ihrer schlafenden Tochter über die Haare und staunte darüber, wie sich das Mädchen über den Sommer verändert hatte. Aber sie war auch stolz auf ihre Tochter. Dieses kleine Mädchen war schon weiter in der Welt herumgekommen, als die eigene Mutter. Bevor Auguste ins Bett gegangen war, hatte sie allen wie ein Wasserfall von der Reise und den vielen Erlebnissen Berichtet. Sie hatte auch erwähnt, dass sie wie die kluge Frau, bei der sie hatte wohnen dürfen, studieren wollte. Der Vater hatte natürlich sofort die Nase gerümpft. Er war Bauer und seine Töchter sollten auch einmal Bauern heiraten. Geld für ein Studium war nicht vorhanden. Die Mutter hatte ihm beigepflichtet, doch wie sie jetzt ihre Tochter betrachtete, nahm sie sich vor, alles zu unternehmen, ihrer Tochter ein Studium zu finanzieren, sollte sie in der Schule gute Leistungen erbringen. Sie wusste, dass es schwer werden würde, aber sie selbst hatte nie Bäuerin werden wollen. So wollte sie versuchen, wenigstens ihrer jüngsten Tochter zu ermöglichen ein Leben zu führen, wie sie es sich wünschte. Sie stellte sich vor, wie schlimm es wohl für Augustchen sein würde, wenn sie ihr Lebenlang in dem kleinen Dorf verbringen müsste, nachdem sie jetzt schon so viel von der Welt gesehen hatte! Nein, sie wollte, dass ihre Tochter eine Weltenbürgerin würde. Vielleicht würde sie so auch einen reichen, intelligenten Mann finden und ein glückliches Leben ohne viel Arbeit un Mühe führen können.

Nachdem die Mutter so nachgedacht hatte, verliess sie schweren Herzens das Zimmer. Was würde wohl das Leben ihrer Tochter in Zukunft bringen? Würde sie glücklich werden? Sie war so ganz anders, als die zwei grossen Schwestern. Und klug! Sie schien klüger zu sein, als ihre Schwestern. Gedankenverloren stieg die Mutter die Treppe hinunter und ging ebenfalls schlafen.

Kurze Zeit später kamen die zwei grossen Schwestern und gingen ebenfalls ins Bett. Sie waren ein wenig neidisch, dass ihre kleine Schwester nicht hatte bei der Heuernte helfen müssen und stattdessen so viel erlebt hatte. Doch sie waren auch froh, dass Auguste wieder hier war. Denn ohne den kleinen Zwirbel war es ihnen manchmal etwas langweilig geworden.

Kaum waren auch die Schwestern eingeschlafen, huschte ein Schatten durchs Fenster. Hätten die Schwestern ihn wahrgenommen, sie hätten geglaubt sich zu täuschen. Eine seltsame dunkle Figur näherte sich Augustes Bett, legte einen Brief unter ihr Kopfkissen und entfernte sich wieder. Nach weniger als zwei Sekunden war alles vorüber und man hätte meinen können, es sei nie passiert.

Am nächsten Morgen wurde Auguste durch das kitzeln der Sonne auf der Nase wach. Sie schlug die Augen auf und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war. Wie roch es denn hier? So nach Kühen und Pferden? Wieso summten hier so viele Fliegen herum? Was war das für ein Lärm da draussen? Verwirrt richtete sie sich auf. Und dann viel ihr alles wieder ein. Sie war wieder zuhause, nicht mehr in einer anderen Stadt! Schnell wie der Blitz zog sie sich eines ihrer alten Arbeitskleider an und sprang die Treppe hinunter in die Küche, wo für sie ein Frühstück parat stand. Ausser Opa waren alle schon an der Arbeit. Alleine wollte sie nicht essen, also hüpfte sie nocheinmal die Treppen hinauf und weckte ihren Opa. Gemeinsam frühstückten sie und besprachen die vergangen Wochen und die Zukunft. Es wurde Auguste schmerzlich bewusst, dass sie spätestens morgen wieder zur Schule gehen müsste. Und darauf hatte sie nun also gar keine Lust! Sie hatte sich er viel Unterrichtsstoff verpasst und würde nun alles mühsam nachholen müssen. Opa versprach ihr dabei zu helfen. Er übernahm es auch Harry etwas zu Essen hochzubringen. Denn Auguste zog es hinaus in den Garten, auf die Felder und natürlich zum Wäldchen, wo sie sich zuletzt mit Olaf getroffen hatte. Freudig singend schlenderte sie durch die Vertraute Landschaft. Ja, nun war sie wieder zuhause, hier kannte sie jeden Stein, jeden Baum, jedes Haus.

Nachdem sie eine Weile wild herumgetollt war, nahm sie ihren Mut zusammen und ging zu Olafs Haus. Doch wie gross war die Enttäuschtung. Das Haus war leer und es schien, als sei es ein wenig zerfallen. "Das heisst, dass Olaf und seine Frau den Ort schon vor geraumer Zeit verlassen haben! Hoffentlich sind sie nicht weggezogen!" dachte Auguste bestürzt. Traurig wanderte sie nach Hause. Dort ging sie in ihr Zimmer, um nach Harry ausschau zu halten. Wenigstens einen Freund hatte sie noch, wenn Olaf sie schon im Stich gelassen hatte.

Harry war zuhause schon dabei den Brief zu entziffern, der in der Nacht vobreigebracht worden war. Es war in Olafs Sprache geschrieben. Doch Auguste und Harry schafften es, ihn mit Hilfe der Unterlagen aus Breslau zu entziffern. Die Freude Augustes war gross. Olaf hatte ihre einen Brief geschrieben. Er teilte ihr mit, dass er noch in der Gegend wohnte, aber das Haus hatte verlassen müssen, da ihn jemand bedroht hatte. Den neuen Aufenthaltsort konnte er nicht aufschreiben und auch keinen Treffpunkt abmachen, da er befürchte, dass dieser Brief vielleicht in falsche Hände geraten würde. Aber er würde alles Menschenmögliche und etwas mehr tun, damit sie sich wieder treffen könnten.

Harry und Auguste warteten beide gespannt den ganzen Nachmittag im Hof. Sie erwarteten, dass Olaf jeden Augenblick hinter irgend einer Ecke hervorlugen würde und ihnen zuwinken würde. Doch die Sonne stieg höher und wieder tiefer und die gute Laune von Auguste und Harry machte die gleiche Bewegung. Sie wurden immer ungeduldiger, getrauten sich aber nicht, ins Haus zu gehen, da sie annahmen, dass Olaf sie sonst nicht kontaktieren könnte. Also warteten sie weiter und verkürzten sich die Zeit mit Rätselspielen.

Freitag, 2. Januar 2009

Sorry, ich habe momentan keine Zeit, um weiter von Auguste zu erzählen. Die Fortsetzung folgt spätestens ab 1.2.09, wahrscheinlich schon eine Woche früher. Ich hoffe, dass alle Interessierten sich so lange gedulden können, um zu erfahren, wie es weitergeht mit Auguste, Opa, Harry, Olaf und allen anderen.

Gruss Jeroschka